The Magic of Discomfort: Keynote von Nono Konopka

Mit dem Rad mal ebenso von Berlin nach Peking fahren: wie viele von Ihnen würden diese Herausforderung annehmen? Wie schafft man das und bringt den Mut für Ausdauer, Veränderungen und Innovation auf? Was waren seine Erfolgsfaktoren und wie können wir diese in unserem beruflichen Kontext einbinden?

Am 3. Juli sprach Nono Konopka in unserem Hamburger Haupthaus über die „Magie des Unbequemen“ und warum es sich lohnt, die persönliche Komfortzone auch einmal zu verlassen. Nach einer kurzen Einführung von Nadja Casper (HR) erläuterte Konopka die Hintergründe seiner „Radtour“, zu der sowohl das Buch „Lektionen für ein richtig gutes Leben“ als auch die Netflix-Dokumentation „Biking Borders“ entstanden sind.

Als Kind konnte Nono Konopka Fahrradfahren nicht ausstehen – mit Mitte zwanzig radelte er 15.000 Kilometer von Berlin nach Peking. Trotzdem. Oder gerade deshalb. 2017 lebte er eine Zeit in Mexiko und reiste durch Zentralamerika. Während er ehrenamtlich in einer Schule in einem armen Dorf in Guatemala arbeitete, wuchs in ihm der Wunsch, einen positiven Impact zu haben.

Danach verblasste der Gedanke wieder – bis ihm das Buch „The Promise of a Pencil“ von Adam Braun in die Hände fiel. Brauns Organisation Pencils of Promise baut Schulen und bildet Lehrer aus. „Das meiste Geld kommt von gewöhnlichen Leuten, die ungewöhnliche Dinge tun“, sagt Konopka. Damit stand das Ziel fest: 50.000 Euro einsammeln, um den Bau einer Schule zu ermöglichen. Nur der Weg dahin war noch offen.

Konopka fragte sich, was ihm seine Eltern nie glauben würden und landete bei – oder besser auf – dem Fahrrad. 2018 machte er sich gemeinsam mit seinem Kumpel Max auf zwei Rädern in Richtung Peking auf. Für die Vorbereitung blieb kaum Zeit, von der Idee bis zum Start vergingen nur sechs Wochen. Das hatte den angenehmen Nebeneffekt, dass auch für Zweifel kein Raum blieb, wie er berichtet.

Als es im Sommer los ging, sei alles zunächst ein großer Spaß gewesen – Sonne und Meer inklusive. Weniger spaßig war es später im türkischen Winter, wie Konopka mit Videoclips unterstreicht, die schon beim Zuschauen frösteln lassen: Meterhohe Schneeberge, eisiger Wind und Schneegestöber machten den Aufenthalt bei knapp -30 Grad Celsius alles andere als angenehm.

Das war eine Herausforderung, aber großartig für die Kampagne

Denn die Kampagne nahm nun richtig Fahrt auf. US-Schauspielstar Ashton Kutcher, Entertainer Joko Winterscheidt und die Tagesschau teilten die Videos, die Nono und Max in die sozialen Medien stellten. Die 50.000 Euro waren bald erreicht und die Finanzierung der ersten Schule stand.

Von da an ging es trotzdem weiter, auch wenn es zunächst schwerer fiel. Denn: Das Ziel war erreicht. „Die Antwort, warum wir das alles machen, war plötzlich nicht mehr so klar“, sagt Konopka. Aber: Man habe gemerkt, dass die Follower hinter dem Projekt stehen und mitfiebern. Es seien viele ermutigende Nachrichten gekommen. Außerdem helfe es, wenn man zu zweit ist. Also ging es weiter. Nächste Etappe: Iran.

„Dort wurden wir mit offenen Armen empfangen“, erinnert sich Konopka, und man merkt ihm die Begeisterung an, wenn er über das Land und vor allem die Menschen spricht. 60 Nächte haben sie in Iran verbracht, 58 davon als Übernachtungsgäste bei Einheimischen. Er zeigt einen Videoclip, in dem Handschlag auf Handschlag folgt und die Iraner Wasser und Essen mit ihnen teilen. „Die Menschen waren dankbar, ihre Kultur weiterzugeben.“ Ohnehin hätten er und Max keine einzige negative Begegnung mit Menschen gehabt. Anders als mit Tieren, wie er mit Verweis auf Braunbären vor dem Zelt, herumstreunenden Wölfen und riesigen türkischen Kangal-Hunden berichtet.

Nachdem sich in Iran Netflix mit der Idee einer Dokumentation gemeldet hatte und das Projekt dadurch noch mehr Schwung bekam, ging es weiter nach Turkmenistan. Dabei handelt es sich um eines der am stärksten abgeschotteten Länder der Welt. Im Vorfeld habe Nono viele verrückte Geschichten darüber gehört – und immer wieder den Hinweis: Was immer ihr tut, werdet dort bloß nicht krank. Das gelang nicht: Es dauerte zwölf Stunden, bis er ins Krankenhaus musste. Dort bröckelt der Putz von der Wand und in seinem kahlen Zimmer steht nichts weiter als eine Liege, wie man in seinem Video sieht. Nach zwei Spritzen ist er aber wieder soweit fit und über Usbekistan geht die Reise weiter nach Kirgistan.

Dort gibt es wilde Pferde, grüne Berge, endlose Weite – und nur wenige Menschen, die ihnen begegnen. Die, die Nono und Max treffen, haben wenig, teilen aber alles. Umgekehrt können die beiden ihnen eine Freude machen. Zum Beispiel dem kleinen Jungen, der zum ersten Mal mit strahlenden Augen auf einem Fahrrad sitzt.

Im April 2019 überqueren die Beiden die chinesische Grenze. Damit ist die Reise aber lange nicht vorbei: Von hier aus sind es noch immer rund 4.000 Kilometer bis nach Peking. Nachdem auch diese geschafft sind, stehen sie schließlich auf dem Tian’anmen-Platz, stellen ihre Räder ab und machen ein gemeinsames Foto. Sie sind dort, wo sie hinwollten. Ziel erreicht? Schon lange: „Peking war nie das Ziel“, betont Konopka. „Das Ziel waren immer die 50.000 Euro für die Schule in Guatemala.“

In dieser lernen seit Fertigstellung im Mai 2019 rund 140 Kinder. Insgesamt haben die beiden schon Geld für acht Schulen gesammelt, unter anderem auch in Laos, Kenia, Nicaragua. Bald werden es zwölf sein. Ihr Ziel liegt jetzt bei einer Million Euro, denn über ihre Social-Media-Kanäle kommen nach wie vor Spenden.

Das Geheimnis des Erfolgs

„Die Neugier war größer als die Angst“, sagt Konopka. „Wenn man in einer neuen Situation nach der Magie sucht, dann ist alles möglich.“ Aus einer Schnapsidee sei auf diese Weise ein Projekt geworden, das Millionen Menschen weltweit bewegt. Mittlerweile wurde die achte Schule gebaut und sie wird nicht die letzte gewesen sein. Das zeigt, was man erreichen kann, wenn man seine eigne Komfortzone verlässt. Denn genau hier wartet meist die Belohnung auf uns: namens Wachstum und Innovation.