Trump schwingt die globale Zollkeule

Die chaotische US-Zollpolitik belastet den Welthandel und verunsichert Unternehmen und Verbraucher.

Während die US-Zölle zuletzt für alle Handelspartner außer China für 90 Tage auf den Basiszoll von 10 % gesenkt wurden, eskaliert der Handelskonflikt zwischen dem Weißen Haus und Peking weiter. Zwar ist davon auszugehen, dass in den kommenden Monaten zumindest rund die Hälfte der US-Zölle wegverhandelt werden kann. Eine Rückkehr zu den Zollniveaus vor Trumps zweiter Amtszeit ist aber auf längere Sicht nicht absehbar. Dies dürfte dazu führen, dass die Inflationsrate in den USA in den kommenden Monaten nicht weiter sinkt oder sogar wieder steigt. Kurzfristig können die höheren Zölle die Konjunktur in der EU noch härter treffen als in den USA. Die in Kürze beginnenden Verhandlungen zwischen Brüssel und Washington könnten jedoch zu einer teilweisen Rücknahme der Zölle führen und damit das Schlimmste verhindern.

Zickzack-Kurs bei der US-Zollpolitik

Die chaotische US-Zollpolitik belastet den Welthandel und verunsichert Unternehmen und Verbraucher. Am 2. April verkündete US-Präsident Trump einen Basiszoll von 10 % für alle US-Handelspartner sowie zum Teil deutlich höhere „reziproke“ Zölle für mehr als 60 Länder. Bereits eine Woche später erfolgte jedoch schon wieder die Kehrtwende. Für alle Handelspartner außer China wurden die reziproken Zölle für 90 Tage auf den Basiszoll von 10 % gesenkt. Der Handelskonflikt zwischen dem Weißen Haus und Peking eskaliert hingegen weiter und treibt die gegenseitigen Zölle Schritt für Schritt in schwindelerregende Höhen. Zwar ist davon auszugehen, dass es China, der EU und anderen Ländern in den kommenden Monaten gelingen wird, zumindest rund die Hälfte der US-Zölle wegzuverhandeln. Eine Rückkehr zu den Zollniveaus vor Trumps zweiter Amtszeit ist aber auf längere Zeit nicht absehbar.

Zölle werden den Preisdruck in den USA hochhalten

Die US-Unternehmen werden die höheren Importzölle wahrscheinlich zu einem großen Teil an die Verbraucher weitergeben. Dies dürfte dazu führen, dass die zuletzt bei rund 3 % seitwärts tendierende und für die Fed immer noch zu hohe Inflationsrate in den USA in den kommenden Monaten nicht weiter sinken oder sogar wieder steigen wird. Dies wird es der US-Notenbank deutlich erschweren, den Leitzins weiter abzusenken. Sollte Trump die Zölle nicht zumindest wieder etwas senken, möglicherweise könnte sie sogar gezwungen sein, ihren Leitzins im September wieder etwas anzuheben.

Die US-Zölle wirken wie eine Steuer auf Verbraucher, indem sie die Preise erhöhen und die Kaufkraft der Konsumenten verringern. Dieser konjunkturdämpfende Effekt dürfte jedoch durch die von Präsident Trump geplante Rückgabe der Zolleinnahmen an die Verbraucher in Form von Steuersenkungen zumindest teilweise ausgeglichen werden. Wir rechnen deshalb damit, dass in den USA kurzfristig der Preiseffekt stärker sein wird als der Konjunktureffekt. Dies liegt auch daran, dass die meisten Handelspartner zunächst in Verhandlungen eintreten dürften, bevor sie ihrerseits die Zölle auf US-Waren anheben. Langfristig dürfte das US-Wachstum jedoch erheblich unter der aktuellen Politik Trumps leiden. Donald Trump hat einen Konflikt mit allen Handelspartnern gleichzeitig begonnen. Während das Zollchaos Unternehmen und Verbraucher verunsichert, werden die Gegenzölle die US-Exporte erschweren. Hinzu kommt, dass die strikte Einwanderungspolitik unter Trump das Arbeitskräfteangebots in den USA erheblich verknappen wird. Das wird sich ebenfalls in den niedrigeren Wachstumszahlen niederschlagen.

Für die EU sind die Zölle ein erhebliches Konjunkturrisiko

Für die europäische Konjunktur und die exportorientierte deutsche Wirtschaft stellen die US-Strafzölle hingegen eine unmittelbare Bedrohung dar. Im vergangenen Jahr machten die Warenexporte in die USA in der Eurozone 3,2 % des BIP aus (in Deutschland 3,7 %). Aufgrund des sich abzeichnenden Handelskonflikts haben wir bereits in den vergangenen Monaten unsere Wachstumsprognosen für den Euroraum und Deutschland angepasst. Unsere aktuellen Konjunkturprognosen für den Euroraum und Deutschland basieren auf der Annahme, dass die USA durch Verhandlungen dazu gebracht werden können, etwa die Hälfte der zusätzlichen Zölle auf EU-Importe zurückzunehmen. Sollten die Verhandlungen ohne Zollsenkungen scheitern oder sich sehr lange hinziehen, müssten wir unsere Prognosen für das BIP-Wachstum im Euroraum in den Jahren 2025 und 2026 um insgesamt etwa 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte nach unten revidieren. Aktuell erwarten wir für den Euroraum BIP-Wachstumsraten von 0,9 % im Jahr 2025 (Deutschland 0,1 %) und 1,5 % im Jahr 2026 (Deutschland 1,3 %). Die Abwärtsrisiken für die Konjunktur im Euroraum haben sich durch die US-Zölle erhöht. Für die Inflation erwarten wir hingegen zunächst keine großen Auswirkungen, da die EU nur knapp 14 % ihrer Warenimporte aus den USA bezieht und zudem zunächst verhandeln will, bevor sie mit umfangreichen Gegenzöllen reagiert. Zudem ist der Ölpreis aufgrund der durch Trump ausgelösten Wachstumssorgen zuletzt gesunken und der gegenüber dem Dollar aufgewertete Euro verbilligt EU-Importe. Die EZB dürfte daher den Einlagenzins bis zum Sommer auf 2,00 % senken und könnte ihre Geldpolitik weiter lockern, falls die US-Zollpolitik das Wachstum im Euroraum stärker belastet als wir derzeit erwarten.

Verhandlungen könnten das Schlimmste vermeiden

Die Verhandlungen zwischen den USA und der EU dürften bald beginnen. Wir erwarten, dass Brüssel zunächst nicht mit Gegenzöllen reagieren wird, sondern erst einmal Angebote auf den Tisch legen wird, um den Handelsbilanzüberschuss mit den USA zu reduzieren. Dazu könnte der Vorschlag gehören, mehr Flüssiggas und Rüstungsgüter aus den USA zu beziehen und einige EU-Zölle auf amerikanische Ausfuhren zu senken. Sollte diese Strategie bis Mitte des Jahres keine Früchte tragen, könnte Brüssel mit Zöllen auf ausgewählte US-Waren drohen. Weitere Druckmittel wären ein deutlich erschwerter Zugang für amerikanische Anbieter von Dienstleistungen sowie eine EU-Digitalsteuer für US-Technologiekonzerne. Dies könnte US-Unternehmen hart treffen. Im Handel mit Dienstleistungen erwirtschaftet die USA bisher einen erheblichen Überschuss von mehr als 100 Mrd. Euro gegenüber der Europäischen Union. Unabhängig von dem Erfolg dieser Verhandlungen wird die EU auch im Handelsbereich versuchen, sich in Zukunft unabhängiger von den USA zu machen. Langfristig ist es wahrscheinlich, dass Europa den Absatzrückgang in den USA durch zusätzliche Absatzmärkte und neue Handelsabkommen zumindest teilweise ausgleichen können. Die USA erschweren dagegen den Austausch mit all ihren Handelspartnern. Für die USA dürfte die protektionistische Handelspolitik von Donald Trump zusammen mit einer restriktiven Einwanderungspolitik hingegen zu einem geringeren Trendwachstum führen. Wir erwarten für die USA künftig ein Trendwachstum von 1,6 % statt bisher 2,0 %. Sollte Trump nicht einen Teil seiner jetzt neu verhängten Zölle zurücknehmen, könnte das Trendwachstum sogar auf nur noch 1,4 % sinken.

Dr. Holger Schmieding
Chefvolkswirt
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Dr. Felix Schmidt
Leitender Volkswirt