Was sich über Jahrzehnte angekündigt hat, wird nun zur Realität. Die geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) verlassen nach und nach den Arbeitsmarkt und gehen in den Ruhestand. Dieser demografische Bruch hat Auswirkungen auf die Staatsfinanzen, den Arbeitsmarkt und teilweise auch auf die Finanz- und Immobilienmärkte.
Aufgrund der rekordhohen Zuwanderung ist die Bevölkerung Deutschlands im vergangenen Jahr um 1,3 % auf 84,4 Millionen gewachsen. Die Zuwanderung überdeckt damit teilweise auch die Konjunkturschwäche Deutschlands: Die 1,9 % BIP-Wachstum im Jahr 2022 sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass in Deutschland gut 1,1 Millionen Menschen mehr konsumiert und zum Teil auch gearbeitet haben.
Die geburtenstarken Jahrgänge haben während ihres Arbeitslebens in der Sozialversicherung umfangreiche Ansprüche erworben, die sich mit den gegebenen Steuern und Abgaben nicht finanzieren lassen. Die ungedeckten Leistungsansprüche können als verdeckte oder implizite Staatsschulden verstanden werden. Diese impliziten Schulden würden sich ohne Gegenmaßnahmen über die nächsten Jahre und Jahrzehnte sukzessive in explizite Schulden umwandeln. Der Anstieg der Schulden wäre dadurch aber so stark (fast 400 % des BIP), dass selbst Deutschland Schwierigkeiten bekäme, Kreditgeber zu finden. Deshalb sind Reformen unausweichlich. Zentrale Bedeutung kommt dabei einer längeren Lebensarbeitszeit zu.
Eine längere Lebensarbeitszeit mit flexibleren Beschäftigungsformen für Ältere würde auch helfen, die Arbeitskräfteknappheit zu lindern. Der demografische Wandel und der Trend zur Teilzeitarbeit reduzieren das Arbeitsvolumen und drücken das gesamtwirtschaftliche Wachstumspotenzial mittelfristig um 0,5 %.
Die alternde Bevölkerung dämpft die Immobilienpreise in Deutschland. Weniger Flächenbedarf im Alter und der Wunsch, Vermögenswerte zu liquidieren, erzeugen Verkaufsdruck. Diese dämpfenden Effekte wurden in den letzten Jahren überlagert von den für den Immobilienmarkt sehr positiven anderen Faktoren (insbesondere den bis 2021 sehr niedrigen Zinsen). Die Energiewende ist ein weiterer potenzieller Belastungsfaktor.