Am Ende war das Ergebnis wesentlich klarer als im Vorfeld erwartet: Donald Trump zieht im Januar kommenden Jahres erneut ins Weiße Haus ein – und kann dabei auf einen von seinen Republikanern dominierten Kongress bauen. Die ganze Welt wird genau beobachten, welche Politik der neue alte US-Präsident in seiner zweiten Amtszeit verfolgen wird. Denn was in der größten Volkswirtschaft der Erde geschieht, spielt auch für alle anderen Staaten rund um den Globus eine wichtige Rolle. So auch für die asiatischen Schwellenländer.
Klar sein dürfte: Das Verhältnis zwischen den USA und China wird auch in Zukunft angespannt bleiben. Das wäre selbst im Fall eines Wahlsiegs der demokratischen Kandidatin Kamala Harris nicht anders gewesen. Anders als Harris aber hat Trump Zölle von bis zu 60 Prozent auf Waren aus China und 10 Prozent für Produkte aus dem Rest der Welt in Aussicht gestellt. Selbst wenn wir der Meinung sind, dass er diese Drohung nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang wahr machen wird: Neben den negativen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft würden die Zölle die Entkopplung zwischen den USA und China weiter vorantreiben.
Weitere fiskalpolitische Unterstützung in China
Aus unserer Sicht wird der chinesische Markt zunächst unter Druck bleiben. Dennoch finden sich im Berenberg Emerging Asia Focus Fund chinesische Unternehmen wie der Online-Verbraucherdienstleister Meituan, der Produzent von Energydrinks Eastroc oder der Halbleiterausrüstungshersteller Naura. Dabei handelt es sich allesamt um Konzerne mit starkem Fokus auf dem Binnenmarkt und geringer Abhängigkeit von den USA.
Grundsätzlich rechnen wir in China mit weiteren fiskalpolitischen Stimuli. Das Land hat bereits ein umfangreiches Maßnahmenpaket verabschiedet, um Konjunktur und Kapitalmarkt zu stützen. Wir gehen davon aus, dass weitere dosierte Schritte mit Schwerpunkt auf bestimmten Marktsegmenten wie Konsum oder Infrastruktur folgen werden.
Herausforderungen für Erneuerbare-Energien-Branche
China wäre angesichts des geplanten Ausmaßes potenzieller Zollerhöhungen sicher am stärksten von republikanischen Zusatzzöllen betroffen. Allerdings sehen wir noch weitere asiatische Länder und Branchen, die es aufgrund der neuen US-Regierung schwerer haben könnten.
Die republikanische Agenda sieht vor, wieder verstärkt auf fossile Energieträger zu setzen. Daher könnten insbesondere die Lieferketten für erneuerbare Energietechnologien und Elektrofahrzeuge in asiatischen Schwellenländern – beispielsweise Südkorea – negativ betroffen sein. Weniger unter Druck geraten dürften hingegen Exporteure von High-Tech-Komponenten wie Halbleitern, beispielsweise Taiwan. Denn höhere Preise für Computerchips dürften in den Vereinigten Staaten nicht willkommen sein.
Es kommt daher nicht nur darauf an, wie viel ein Land in die USA exportiert – sondern auch welche Güter es sind. Grundsätzlich aber ist die Abhängigkeit der asiatischen Volkswirtschaften von Ausfuhren in die Vereinigten Staaten geringer als vor einigen Jahren. Gleichzeitig hat sich der Handel innerhalb Asiens intensiviert und die Binnenwirtschaft an Bedeutung gewonnen.
Indien weiter im Aufschwung
Ein Land, das nur begrenzte Einnahmen aus Exporten in die USA hat und daher weniger unter etwaigen Zollerhöhungen leiden dürfte, ist Indien. Nicht nur aus diesem Grund haben wir indische Unternehmen übergewichtet: Wir sehen dort langfristig großes Potenzial. Die indische Wirtschaft wächst unter allen bedeutenden Volkswirtschaften am schnellsten. Außerdem verfügt das Land über eine junge Bevölkerung. Und mit dem Wohlstand steigen die Bedürfnisse: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf hat bereits die Marke von 2.000 US-Dollar überschritten. Von diesem Moment an wird das zusätzliche Einkommen historisch betrachtet verstärkt für Güter und Dienstleistungen abseits des täglichen Bedarfs ausgegeben. Das bietet Chancen bei Unternehmen aus Sektoren wie Einzelhandel, Tourismus und Gesundheitswesen.
Was für Indien gilt, gilt ein Stück weit auch für Länder wie die Philippinen und Indonesien: Es handelt sich allesamt um schnell wachsende Länder mit einer jungen Bevölkerung. Darüber hinaus wurde dieses Jahr nicht nur in den USA gewählt – sondern auch in Indien, Indonesien und zuletzt Thailand. Wir erwarten in all diesen Ländern eine Ausweitung der Fiskalpolitik mit Fokus auf der Förderung von Bildung, Gesundheit und Konsum. Die indische Regierung hat beispielsweise ein Maßnahmenpaket mit fünf Programmen und Initiativen angekündigt, um 41 Millionen Jugendliche über einen Zeitraum von fünf Jahren auszubilden beziehungsweise in Beschäftigung zu bringen. Dafür werden zentral rund 2 Billionen Rupien – umgerechnet rund 22 Milliarden Euro – bereitgestellt. Insgesamt sind im laufenden Fiskaljahr rund 1,48 Billionen Rupien – 16 Milliarden Euro – für Bildung, Gesundheit und Qualifizierung vorgesehen. Spielraum dafür ist da: Die asiatischen Schwellenländer sind finanziell insgesamt in einer guten finanziellen Verfassung.
Potenziale in Asien
Grundsätzlich sehen wir in der Region weiterhin Wachstumsfelder, die sich aus steigendem Wohlstand in Verbindung mit wachsendem Konsum und einer zunehmenden Lokalisierung ergeben. In unserem Portfolio befinden sich aktuell beispielsweise folgende Unternehmen:
- Naura Technology Group (Naura) – Halbleiter, China
Das 2001 gegründete Unternehmen Naura ist einer der größten Hersteller von Halbleiterausrüstung in China und profitiert stark von der Lokalisierung Chinas im Bereich Halbleiter unter den Beschränkungen der USA. Durch die technologische Führungsposition von Naura, insbesondere bei Trockenätz- und Abscheidungsprozessen, kann das Unternehmen das Potenzial haben, langfristig einen bedeutenden Anteil am Inlandsmarkt zu erhalten und so seine Widerstandsfähigkeit gegenüber globalen Marktveränderungen zu sichern.
- MakeMyTrip (MMYT) – Reisen, Indien
Eine Online-Reisebuchungsplattform in Indien mit einem Marktanteil von rund 45 Prozent. Über seine etablierten Marken wie MakeMyTrip, Goibibo und Redbus bietet das Unternehmen Flugtickets, Hotelbuchungen, Bustickets und Dienstleistungen zur Urlaubsplanung an. MMYT hat derzeit mehr als 74 Millionen monatlich aktive Nutzer und ist Marktführer in einem wenig durchdrungenen sowie strukturell wachsenden Marktsegment. Mit steigendem verfügbarem Einkommen könnte MMYT langfristig von den zunehmenden Reiseausgaben der indischen Haushalte profitieren.
- Bangkok Dusit Medical Services (BDMS) – Gesundheitsversorgung, Thailand
Das 1969 gegründete Unternehmen BDMS verwaltet Krankenhäuser und Wellness-Kliniken. Es ist Thailands größte private Krankenhausgruppe. Sie ist als Experte für die Behandlung einer Vielzahl von Leiden und Krankheiten anerkannt – von Wellness und Prävention bis hin zu fortgeschrittener Tertiärversorgung. Sie zieht neben einheimischen auch internationale Patienten an, die wegen der erweiterten privaten Gesundheitsdienstleistungen nach Thailand reisen. Wir sind der Auffassung, dass die Branche langfristig von einem zunehmenden Bewusstsein für die Bedeutung der Gesundheitsversorgung sowie von steigenden Ausgaben in diesem Bereich profitieren wird.
Autoren
Javier Garcia
Javier Garcia ist seit Oktober 2022 Portfoliomanager bei Berenberg. Er begann seine Investmentkarriere 2002 bei Julius Bär Asset Management (später Swiss & Global Asset Management), wo er ab 2006 Co-Manager des JB Global Emerging Markets Equity Fund wurde und ab 2009 zusätzlich als Lead Fonds Manager des JB Black Sea Funds und des JB Russia Stock Funds tätig war. Von 2013 bis 2022 war er als Senior Portfolio Manager Emerging Markets Equities bei UBS Wealth Management tätig. In dieser Funktion hat er den Bereich Global-Emerging-Markets und Asien-Aktien aufgebaut und gemanaged. Javier Garcia hält einen Bachelor in Business Administration und Economics der Universität Zürich und ist CFA Charterholder.
Dr. Jianan He
Jianan He ist seit Juli 2023 Portfoliomanagerin bei Berenberg. Sie begann ihre Karriere 2020 bei ODDO BHF Asset Management, wo sie als Quantitative Analyst Equities mit Schwerpunkt auf Multi-Faktor-Anlagestrategien für globale Aktienmärkte tätig war. Jianan He hält einen Doktortitel in empirischer Finanzwissenschaft von der Technischen Universität Darmstadt und ist CFA Charterholder.
Über Berenberg
Berenberg wurde 1590 gegründet und gehört heute mit den Geschäftsbereichen Wealth and Asset Management, Investmentbank und Corporate Banking zu den führenden europäischen Privatbanken. Das Bankhaus mit Sitz in Hamburg wird von persönlich haftenden Gesellschaftern geführt und hat eine starke Präsenz in den Finanzzentren Frankfurt, London und New York.
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