Neben der erhöhten Inflation(svolatilität) seit der Corona-Pandemie haben viele strukturelle Trends die Marktstruktur und das Marktverhalten deutlich verändert. Sie begünstigen immer stärkere Übertreibungen nach oben und unten an den Aktienmärkten, während Fundamentaldaten eine immer geringere Rolle spielen. Das primäre Ziel alternativer Anlagen sollte nicht mehr darin bestehen, eine Rendite zu erzielen, denn diese gibt es wieder bei Anleihen. Primäres Ziel sollte es nun sein, das Portfolio zu diversifizieren oder abzusichern – eine Charakteristik, die Anleihen nicht mehr verlässlich bieten. Entsprechend plädieren wir für ein optionsbasiertes Risikomanagement, wie es der Berenberg Guardian umsetzt. Mithilfe seines Drei-Säulen-Ansatzes, bestehend aus Carry, Hedging und taktischen Opportunitäten, soll die Performanceentwicklung einer Treppenfunktion ähneln: Der Fonds strebt eine negative Korrelation zu fallenden Aktienmärkten und eine unkorrelierte Rendite zu steigenden Aktienmärkten an. Damit bietet der Berenberg Guardian eine verlässliche Portfoliodiversifizierung und eine wertvolle Liquiditätsquelle in Krisenzeiten.
Erhöhte Inflation(svolatilität) führt zu Schaukelmärkten und verschlechtert die Diversifikation klassischer Multi-Asset-Portfolios
Nach dem gleichzeitigen Rückgang von Aktien und Anleihen im Jahr 2022 war die Hoffnung vieler Anleger im vergangenen Jahr groß, dass die Korrelation zwischen den beiden Anlageklassen wieder in den negativen Bereich zurückkehren würde. Das zweite Halbjahr 2023 hat eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen, denn der Diversifikationseffekt von Anleihen nimmt in Phasen hoher Inflation(svolatilität) ab (Abb. 1). Auch in den kommenden Jahren ist aus unserer Sicht mit einer im Durchschnitt höheren Inflation als in der letzten Dekade und mit deutlichen Inflationsschwankungen zu rechnen.
Gründe dafür sind neben einer vermehrt lockeren Fiskal- und Geldpolitik die längerfristigen Angebotsengpässe bei Rohstoffen, die Energiewende, die Deglobalisierung sowie die demografische Entwicklung, die zu einem zunehmenden Arbeitskräftemangel führen dürfte.
Die Folge stärkerer Schwankungen in der Inflation dürften stärkere und schnellere geldpolitische Zyklen und damit auch kürzere, ausgeprägtere und erratischere Wirtschaftszyklen sein. Dieses Umfeld wäre den 1960er und 1970er Jahren nicht ganz unähnlich. Das Ergebnis davon ist eine erhöhte Planungsunsicherheit für Unternehmen, die auf deren Bewertungen lastet, denn Investoren verlangen dann berechtigterweise eine höhere Entlohnung der eingegangenen Risiken. Letztlich sollte dies auch zu einer erhöhten Volatilität über alle Anlageklassen hinweg führen. Die Erfahrung der 1970er Jahre zeigt, dass das langfristige Potenzial für die Aktienmärkte in einem solchen Umfeld zwar positiv wenngleich begrenzt ist. Jedoch gab es in diesen Jahren drei Bären- und drei Bullenmärkte erheblichen Ausmaßes (Abb. 2). Für aktive Anleger bestanden in dieser Phase deutliche Renditechancen, während statische Indexinvestments in dieser Periode real sogar an Wert verloren hätten.
Eine wesentliche Folge eines solchen Inflationsumfelds ist ein stärkerer Gleichlauf zwischen Risikoanlagen und sicheren Häfen, aber ein geringerer Gleichlauf innerhalb von Risikoanlagen wie z.B. Aktien und Rohstoffen. Die Langfristbeziehung zeigt eindrucksvoll, dass der Gleichlauf zwischen Aktien und Anleihen bei höherer Inflation zunimmt. Ab drei Prozent Kerninflationsrate ist historisch fast ausschließlich eine positive Korrelation von Aktien und Staatsanleihen zu beobachten. Anleihen machen zwar im Portfoliokontext nach wie vor Sinn, allein schon wegen der höheren Verzinsung, die mögliche Zinsanstiege wieder deutlich besser abfedern sollte als in der Nullzinsphase. Allerdings verändern die beschriebenen Entwicklungen ihre Rolle als verlässlicher Diversifikator für Aktien im Portfolio, was wiederum erhöhte Anforderungen an das Risikomanagement mit sich bringt. Multi-Asset-Portfolios, die rein auf Aktien und Anleihen setzen, werden es in diesem Umfeld schwieriger haben ihre Volatilität effektiv zu reduzieren. Folglich sollten Anleger Diversifikation vor allem in Anlagen suchen, die nicht bloß empirisch, sondern per Konstruktion negativ korreliert zu Aktienmärkten sind.
Verändertes Marktumfeld hat Einfluss auf das Risikomanagement
Viele strukturelle Trends haben die Marktstruktur und das Marktverhalten seit der globalen Finanzkrise wesentlich verändert. Aus unserer Sicht stehen dabei insbesondere neben dem stärkeren Gleichlauf von Risikoanlagen und sicheren Staatsanleihen fünf weitere Entwicklungen im Fokus: (1) zunehmend passives Investieren, (2) die steigende Dominanz der Derivatemärkte, (3) vermehrt prozyklisches Verhalten vieler Anleger, insbesondere systematischer Anlagestrategien, bei gleichzeitig weniger antizyklischen Value-Investoren, (4) die hohe Konzentration wichtiger Aktienindizes wie des S&P 500 (Abb. 3) und (5) die umfangreichen Aktienrückkaufprogramme.
Diese Veränderungen begünstigen vermehrt scharfe Bewegungen und regelmäßige Übertreibungen (Abb. 4) an den Aktienmärkten – nach oben wie nach unten –, während fundamentale Kennzahlen eine immer geringere Rolle spielen. Entsprechend ist es wichtig für Anleger flexibel agieren zu können, Opportunitäten zu erkennen und Freiheitsgrade zu nutzen – auch antizyklisch und abseits der Benchmark. Aufgrund dieser strukturellen Trends sollten Anleger neben einer breiten Diversifikation auch auf Anlagen setzen, die vor allem in stärkeren Marktverwerfungen verlässlich negativ korreliert sind, um größere Portfolioverluste zu vermeiden. Darunter verstehen wir die Konstruktion wahrer Multi-Asset-Portfolios.
Effektive Diversifikation über Optionsstrategien
Effektive Diversifikation geht weit über historische Korrelationskennzahlen hinaus und konzentriert sich auf fundamentale Renditetreiber. Viele Ansätze, die in stabilen Zeiten unkorreliert erscheinen, weisen in Marktkrisen starke Tail-Korrelationen auf und bieten somit keinen Schutz. Das heißt, die Diversifikation ist meist dann enttäuschend, wenn sie am meisten benötigt wird, da die Korrelationen zwischen vielen Anlagen bei Marktstress zunehmen (z.B. Covid-Schock). Diese Art von Korrelation ist besonders gefährlich, da Anleger die Performance in ruhigen Zeiten oft als Beweis für eine effektive Diversifikation missverstehen. Echte Diversifikation bewährt sich vor allem in fallenden Märkten, indem sie Verluste wirksam begrenzt. Anlagen, die nur unter positiven Marktbedingungen eine günstige Korrelation aufweisen, tragen wenig zum Gesamtrisikomanagement eines Portfolios bei. Eine wirksame Methode diesen Herausforderungen zu begegnen, ist der Einsatz von Optionsstrategien, die von fallenden Märkten sowie einer steigenden Volatilität profitieren. Im Gegensatz zu Strategien, die in Stressszenarien eine positive Korrelation aufweisen können, sind solche Strategien per Konstruktion negativ zu fallenden Märkten korreliert.
Ein häufiger Kritikpunkt von Investoren am Einsatz von Put-Optionen im Portfolio ist die des „negativen Carrys“, der die Portfoliorendite in guten Zeiten ähnlich einer immer wieder fälligen Versicherungsprämie schmälert (Abb. 5). Ein festes, auf Kalendermonate verteiltes Absicherungsbudget (z.B. 4% p.a.) erlaubt dem Anleger nicht nur die Kosten seiner Absicherungsstrategie im Vorhinein zu kennen, sondern kann in Zeiten einer hohen Verzinsung den negativen Carry stark limitieren. Um eine gewisse Konvexität zu wahren, sollte dabei das Selektieren besonders günstigster Hedges (höchster Absicherungsgrad bei gegebenen Optionsbudget) im Vordergrund stehen. Besonders durch die Kombination von fundamentaler Analyse mit quantitativen Modellen unter der Berücksichtigung von Faktoren wie demMakroumfeld, der Marktpositionierung, der Liquidität und der Hebelwirkung können die effektivsten und kostengünstigsten Optionen ausgewählt, bei Bedarf angepasst und schließlich monetarisiert werden.
Ein solches optionsbasiertes Risikomanagement sorgt nicht nur für ein diversifizierteres Portfolio, sondern kann auch zum langfristigem Vermögenswachstum beitragen. Dass hohe Renditen mit hohen Risiken einhergehen, widerlegen viele reale Fallstudien. Ein Portfolio, das einen Verlust von 50 Prozent erleidet, benötigt eine Rendite von 100 Prozent, um die Gewinnschwelle zu erreichen, ein Verlust von 75 Prozent erfordert sogar eine Rendite von 300 Prozent (Abb. 6). Diese überproportionale Auswirkung großer Verluste reduziert die Kapitalbasis und damit auch den Zinseszinseffekt, der für das Erzielen langfristiger Erträge entscheidend ist. So können Anlagen mit hohen durchschnittlichen Renditen aufgrund ihres hohen Risikos zu einem geringeren langfristigen Vermögenswachstum führen, da sich größere Verluste nachteiliger auswirken als die Vorteile höherer durchschnittlicher Renditen.
Portfolios mit dem höchsten langfristigen Wachstum sind oft diejenigen mit niedrigeren, aber beständigeren Renditen, die durch strategische Risikoreduzierung erzielt werden. Daher ist es für langfristige Anleger wie institutionelle Investoren wichtig sich mit der fehlenden Diversifikationswirkung von Anleihen und Aktien im Portfolio und alternativen Lösungen auseinanderzusetzen. Ein Risikomanagement über Optionen ist nicht nur eine defensive Taktik, sondern bietet eine grundlegende Diversifikationsstrategie zur Gewährleistung von langfristigem Wachstum und Stabilität.
Berenberg Guardian als verlässlicher Diversifikator
Als Reaktion auf diese Herausforderungen haben wir den Berenberg Guardian Fonds aufgelegt. Von der Unvorhersehbarkeit der Aktien- und Anleihemärkte bis hin zum wachsenden Wunsch nach Fonds, die finanziellen Stürmen trotzen und Chancen aus Marktverwerfungen nutzen können, zielt der Berenberg Guardian darauf ab, diese Lücken mit einem intelligenten Ansatz zu füllen. Der Fonds kombiniert dabei diskretionäre und systematische Entscheidungselemente. Das Ziel des Berenberg Guardian ist es, eine negative Korrelation zu fallenden Aktienmärkten aufzuweisen und gleichzeitig unkorreliert zu steigenden Aktienmärkten zu sein, sodass der Fonds über rollierende Einjahresperioden positive Renditen mit geringer Volatilität und niedrigen Drawdowns erwirtschaftet – ähnlich einer Treppenfunktion. Der Berenberg Guardian bietet damit verlässliche Diversifikation als auch eine Quelle für Liquidität in Krisenzeiten.
Unser Ansatz unterscheidet sich von anderen Absicherungsstrategien, die oftmals in guten Zeiten zu viel kosten, indem wir auf drei Säulen setzen: (1) Carry, (2) Hedging und (3) Tactical Opportunities.
Die Carry-Säule
Die Carry-Säule ist ein sorgfältig konzipiertes Anleiheportfolio mit kurzer Laufzeit, hoher Bonität und keinem Währungsrisiko. Bis zu 20 Prozent dieses Bausteins wird als Liquidität in Kasse gehalten. Bei den Anleihen selbst handelt es sich um kurzlaufende Staatsanleihen, Pfandbriefe und Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Bereich mit einer maximalen Laufzeit von drei Jahren. Das Anleiheportfolio ist als Leiterstruktur mit einer Duration von rund einem Jahr aufgesetzt. Die Carry-Säule gewährleistet ein grundlegendes Maß an Sicherheit und Stabilität und dient gleichzeitig der Finanzierung des Absicherungsbudgets der Hedging-Säule.
Die Hedging-Säule
Der innovative Hedging-Ansatz des Berenberg Guardian unterscheidet sich sowohl in seinem Fokus als auch in seinem Investmentprozess von vielen anderen Absicherungsprodukten. Im Berenberg Guardian konzentrieren wir uns vor allem auf die Absicherung moderater Abverkäufe mit einer historisch deutlich höheren Eintrittswahrscheinlichkeit. Zudem arbeiten wir zwar stark quantitativ, treffen aber Investitionsentscheidungen letztlich diskretionär auch unter der Berücksichtigung des Makroumfeldes, der Marktpositionierung und der Liquidität. Um die Kosten für Absicherungen zu kontrollieren, arbeiten wir mit einem Budgetansatz. Etwa 90 Prozent des Budgets investieren wir in kurzfristige liquide Indexoptionen, die Drawdowns von bis zu zehn Prozent absichern. Dabei selektieren wir besonders günstige Absicherungsstrategien in Abhängigkeit vom Volatilitätsumfeld mit einer vergleichbar hohen Eintrittswahrscheinlichkeit bei gleichzeitig geringer Pfadabhängigkeit. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren streben wir an, das Ausmaß der Absicherung bei gegebenem Budget zu maximieren. Die verbleibenden zehn Prozent des Budgets investieren wir opportunistisch in Tail-Absicherungen, wann immer diese günstig sind und der Markt besonders anfällig scheint.
Die „Tactical Opportunities“-Säule
Die Tactical Opportunities-Säule des Guardian soll durch das Ausnutzen von starken Marktchancen und Verwerfungen einen Zusatzertrag liefern. Das heißt, wir investieren in Opportunitäten, bei denen wir mit einer sehr hohen Überzeugung ein asymmetrisches Risiko-Rendite-Profil sehen, unabhängig davon, ob wir uns in einer Krise oder in einem normalen Marktumfeld befinden. Wir gehen bei der Allokation sehr selektiv vor. Identifizieren wir keine geeigneten Opportunitäten, kann diese Säule inaktiv sein. Geduld, Risikomanagement und Größenordnung der Allokationen sind für uns entscheidend. Auch hier investieren wir nur mit einem sehr klaren Budget. Beispiele für taktische Allokationen sind Makroverwerfungen, Marktungleichgewichte, Relative-Value-Trades oder saisonale Muster.
Zusammenfassung
Der Berenberg Guardian zeichnet sich durch diskretionäre Entscheidungen innerhalb eines klar definierten Frameworks auf Basis von einer einzigartigen Mischung aus fundamentaler und makroökonomischer Analyse auf der einen Seite und quantitativen Modellen auf der anderen aus. Der Fonds bietet mit seiner negativen Korrelation zu fallenden Aktienmärkten eine verlässliche Portfoliodiversifizierung und ist eine wertvolle Liquiditätsquelle in Krisenzeiten. Der innovative Drei-Säulen-Ansatz ermöglicht es, sowohl von makroökonomischen Verwerfungen als auch Marktineffizienzen zu profitieren.
Autoren
Ulrich Urbahn
Ulrich Urbahn arbeitet seit Oktober 2017 für Berenberg und ist zuständig für quantitative Analysen sowie die Entwicklung strategischer und taktischer Allokationsideen und ist in die Kapitalmarktkommunikation eingebunden. Er ist Mitglied des Asset Allocation Committee und Portfoliomanager von flexiblen Multi Asset Strategien. Nach seinen Diplomen in VWL und Mathematik an der Universität Heidelberg war er mehr als zehn Jahre bei der Commerzbank unter anderem als Senior-Cross-Asset-Stratege tätig. Ulrich Urbahn ist CFA-Charterholder und gehörte bei der renommierten Extel-Umfrage jahrelang den drei weltweit besten Multi-Asset-Research-Teams an.
Philipp Loehrhoff
Philipp Löhrhoff ist seit 2021 als Portfoliomanager im Multi Asset Team tätig. In seinen vorherigen Rollen arbeitete er eng mit institutionellen Investoren zusammen, um maßgeschneiderte Absicherungs- und Investmentlösungen zu strukturieren, entwickeln und zu platzieren. Er ist Experte für quantitative Investmentstrategien sowie Cross-Asset-Lösungen mit besonderem Fokus auf Aktien und Fixed Income. Er arbeitete mehrere Jahre bei Goldman Sachs, BNP Paribas und Natixis in London. Philipp absolvierte seinen Bachelor in Ökonometrie und Wirtschaftsmathematik und seinen Master in Finance und Economics an der London School of Economics and Political Science (LSE).
Ludwig Kemper
Ludwig Kemper ist seit 2019 als Stratege und seit 2021 außerdem als Portfoliomanager im Bereich Multi Asset tätig. Sein Aufgabenbereich umfasst die Generierung von Investmentideen und die Erstellung von Analysen zu Unterstützung von Investmententscheidungen. Dabei konzentriert sich Ludwig auf den Rohstoffsektor und die Optionsmärkte. Zuvor absolvierte er ein duales Studium bei Berenberg in Kooperation mit der Hamburg School of Business Administration. In seinen Rotationen war er im Investment Banking, Equity Research und Asset Management eingesetzt. Den Bachelor-Titel erhielt er als Jahrgangsbester mit Auszeichnung. Ludwig ist CFA-Charterholder.