Das dritte Quartal brachte an den Kapitalmärkten viel Hin und Her. Wesentliche Veränderungen gab es bei Rohstoffen. Industriemetalle und besonders Rohöl erholten sich deutlich von den Verlusten des ersten Halbjahres. Aktienmärkte entwickelten sich nach dem starken ersten Halbjahr volatil seitwärts. Die anhaltend positiv überraschende US-Wirtschaft schürte Erwartungen höherer Zinsen für länger. Erwartungen zügiger Zinssenkungen wurden ausgepreist. Anleiherenditen, besonders die Realrenditen, stiegen. Alles in allem erscheinen die Märkte jetzt deutlich konsistenter als noch vor drei Monaten. Sie setzen aus unserer Sicht einheitlicher auf keine oder eine sehr weiche Landung der US-Wirtschaft.
Ob es so kommt, dürfte das dominierende Thema im vierten Quartal sein. Die Auswirkungen höherer Zinssätze zeigen sich bisher gedämpfter als in vergangenen Zyklen, denn die Corona-Zusatzersparnisse, das Rekord-US-Haushaltsdefizit außerhalb von Kriegs- und Rezessionszeiten und die langfristigen, günstigen Unternehmensfinanzierungen der letzten Jahre federn die Belastungen noch ab. Aber diese Effekte sind nicht nachhaltig. Wie stark der Abschwung wirklich wird, werden wir wohl erst viel später wissen und wird davon abhängen, wie zügig die Fed bei einer Verlangsamung der Wirtschaft die Zinsen wieder senken kann. Denn je länger die Zinssätze hoch bleiben, desto wahrscheinlicher ist, dass sie doch noch stärkere Auswirkungen zeigen. Eine sich wieder verfestigende Inflation – bei einer zeitgleichen Konjunkturverlangsamung – wäre für die Märkte wohl das schlechteste Szenario.
Vorsicht und eine ausgewogene Positionierung bleiben aus unserer Sicht deshalb vorerst angebracht. Die Zeichen, dass wir uns spät im Zyklus befinden und dass sich die US-Wirtschaft abschwächt, verdichten sich. Der Arbeitsmarkt hat begonnen sich abzukühlen. Kreditausfälle und Insolvenzen nehmen zu. Zuletzt haben die Aktienmärkte zwar noch positiv auf schwächere Wirtschaftsdaten reagiert, weil diese den Zinsanstieg bremsen. Das muss aber nicht so bleiben. Mehren sich die Anzeichen einer Abschwächung bei weiter rückläufiger Kerninflation, wie wir erwarten, dürfte sich der Anlegerfokus von Inflation hin zum Wirtschaftswachstum verschieben. Die Märkte dürften stärker auf die Wirtschaftsdaten reagieren, der Gleichlauf von Aktien und Staatsanleihen vom dritten Quartal dürfte sich abschwächen und nach der unterdurchschnittlichen Entwicklung von Qualitäts- und Wachstumsaktien im dritten Quartal könnten diese wieder stärker nachgefragt werden.
Die Anlegerstimmung hat sich über den zähen Sommer zwar verschlechtert, aber die Positionierung systematischer Anleger ist noch hoch, da ein starker Volatilitätsanstieg bisher ausblieb. Die Märkte bleiben damit anfälliger für eine deutlichere Korrektur, und der Monat Oktober zeigt historisch die höchste Volatilität. Das Aufwärtspotenzial bei Aktien scheint bei der Vielzahl an Risiken vorerst weiter limitiert.
Im Insights-Interview spricht unser Fondsmanager Felix Stern über die Attraktivität von Euro-Anleihen kürzerer Laufzeiten und darüber, was den Laufzeitenfonds Berenberg Euro Target 2028 auszeichnet. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.
Herausgeber
Prof. Dr. Bernd Meyer
Prof. Dr. Bernd Meyer ist seit Oktober 2017 Chefanlagestratege bei Berenberg und dort im Wealth and Asset Management für die diskretionären Multi-Asset-Strategien sowie die Vermögensverwaltungsmandate zuständig. Prof. Dr. Bernd Meyer war zunächst Leiter der Europäischen Aktienstrategie bei der Deutschen Bank in Frankfurt und London und baute ab 2010 als Bereichsleiter das globale Cross Asset Strategy Research bei der Commerzbank auf. Prof. Dr. Meyer wurde mehrfach ausgezeichnet. So rangierte er mit seinem Team beim renommierten Extel Survey in den Jahren 2013 bis 2017 jeweils unter den besten drei Multi Asset Research Teams weltweit. Prof. Dr. Meyer ist DVFA Investment Analyst, CFA-Charterholder und Gastdozent für „Empirische Kapitalmarktforschung“ an der Universität Trier. Er hat zahlreiche Artikel und zwei Bücher veröffentlicht sowie drei wissenschaftliche Auszeichnungen erhalten.