Horizonte Q3│2024 - Berenberg Insights

Interview mit Dennis Nacken

Leiter Family Office & Family Owned Business

Herr Nacken, Sie betreuen mit Ihrem Team bei Berenberg die Kundengruppe der Single Family Offices. Um was für Kunden handelt es sich dabei, und was sind Besonderheiten dieses speziellen Kundensegmentes?

Single Family Offices sind mit der Verwaltung des Vermögens von Unternehmerfamilien oder sehr vermögenden Privatpersonen betraut. Die Familien sind sich der Verantwortung, die ein großes Vermögen mit sich bringt, bewusst und versuchen, es möglichst effizient zu nutzen und zu verwalten. Hierfür ist das Single Family Office das richtige Vehikel.

Festangestellte Manager, die sogenannten Family Officers, sind für die Kapitalanlage zuständig, übernehmen darüber hinaus aber oft auch Aufgaben im Bereich der Rechts- und Steuerberatung, Nachfolgeberatung oder regulatorische Tätigkeiten. Vielen Unternehmerfamilien ist außerdem philanthropisches Engagement wichtig. Auch das kann in einer Single-Family-Office-Struktur abgebildet und organisiert werden.

Das Besondere ist, dass das Single Family Office nur den Interessen der Familie verpflichtet ist. Die Leistungen sind also passgenau auf die Bedürfnisse der Familie zugeschnitten. Family Officer agieren unabhängig und beraten immer mit Hinblick darauf, was für das Familienvermögen am besten ist. Das Family Office agiert somit als institutioneller und damit auch professioneller Anleger.

Wann ist die Gründung eines Family Offices sinnvoll? Und welche Rolle spielt die Entwicklung einer Gesamtvermögensstrategie als Ausgangspunkt für das Family Office?

Ein eigenes Family Office ist naturgemäß auch mit Kosten für Vermögensverwaltung, Buchhaltung, Controlling und Reporting verbunden. Besonders dann, wenn externe Manager angestellt werden, müssen die Kosten im Verhältnis zum verwalteten Vermögen und der angestrebten Rendite stehen. Ist zum Beispiel ein Vermögen von über 200 Mio. Euro vorhanden, ist die Gründung eines Family Office durchaus sinnvoll, um gänzlich unabhängig agieren zu können.

Die Gesamtvermögensstrategie agiert als Kompass für die Arbeit des Family Office. Allerdings geht die Ausarbeitung einer Familienstrategie der Vermögensstrategie voran. Hierbei sollten die Unternehmensnachfolge, ein klarer Gesellschafterkreis sowie Ziele, die mit dem Vermögen verfolgt werden sollen, definiert werden.

Im nächsten Schritt kann dann die Gesamtvermögensstrategie definiert werden. Die Strategische Asset Allokation bildet hierfür das Fundament. Sie definiert Renditeziele, Risikotoleranzen und Liquiditätsanforderungen. Ein weiteres Element, welches oft für die Nachfolgegeneration elementar ist, ist die Einbindung von konkreten Nachhaltigkeitskriterien.

Wie investieren diese Kunden typischerweise?

Wir sagen gern: „Kennt man ein Family Office, kennt man eben genau eins.“ Jedes Family Office ist einzigartig und hat eigene Schwerpunkte und Ziele. Das ist auch das Spannende an unserer Arbeit. Was die meisten Family Offices jedoch eint, ist eine unternehmerische Investmentphilosophie. Chancen nutzen und mit der nötigen Weitsicht auch Risiken eingehen, das liegt in der DNA der Familienunternehmen und ihrer Family Offices. Wichtig sind immer ein langer Anlagehorizont und eine breite Diversifikation, um das Vermögen langfristig zu schützen und zu mehren.

Teil des Portfolios sind fast immer öffentliche Anlagen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe und extern verwaltete Anlagen, also Fondslösungen. Darüber hinaus, und das unterscheidet Single Family Offices von Privatanlegern, gibt es oft einen signifikanten Anteil an Direktanlagen im Portfolio in Form von Unternehmens- oder Immobilienbeteiligungen. Aktuell beobachten wir auch, dass Family Offices mit Blick auf Immobilien antizyklisch agieren, also die niedrigen Immobilienbewertungen als Chance nutzen. Auch die Anlageklasse Private Debt ist im aktuellen Hochzinsumfeld sehr gefragt.

Was ist für diese professionelle und hochvermögende Kundengruppe das Besondere an Berenberg, und welche Dienstleistungen stehen für Family Offices im Fokus?

Family Offices schätzen besonders das unternehmerische Geschäftsmodell von Berenberg. Die Philosophie eines inhabergeführten Unternehmens teilt Berenberg mit den Family Offices. Unternehmerfamilien, die über die Gründung eines Family Offices nachdenken, bieten wir unsere Expertise und unser Netzwerk an. Für bestehende Family Offices agieren wir als Sparringpartner in den Bereichen Wealth and Asset Management, Investmentbanking sowie Corporate Banking. Viele Family Offices haben nicht in jedem dieser Themenschwerpunkte interne Spezialisten. Hier können wir neben der Beratung auch spannende Investmentprodukte anbieten, sei es im Aktien-, Anleihen- und Multi-Asset-Bereich auf der liquiden Seite oder Private-Debt-Strategien für das illiquide Vermögen. Auch bei der Suche nach neuen Unternehmensbeteiligungen vermitteln wir zusammen mit der Berenberg Investmentbank zwischen Unternehmen und Family-Office-Investoren.

Mit welchen speziellen Herausforderungen sind Sie mit Blick auf die individuellen Anforderungen der Kunden konfrontiert, und welchen Mehrwert kann Berenberg hier bieten?

Die heterogene Landschaft der Family Offices bedeutet, dass es keinen „One-size-fits-all“ Ansatz gibt. Die Beratung in diesem Bereich erfordert ein hohes Maß an Fachwissen, Kompetenz und Verständnis für die individuellen Bedürfnisse der Kunden.

Eine weitere Herausforderung ist, dass die Branche der Single Family Offices von höchster Diskretion geprägt ist. Man muss die Landschaft der Unternehmerfamilien gut kennen und wissen, welches Family Office sich für welche Themen interessiert. Wir im Team haben ein großes Netzwerk in der Family-Office-Branche aufgebaut und bieten den Family Officern auch verschiedene Events zum Austausch an. So haben wir zum Beispiel mit der jährlich stattfindenden Berenberg Single-Family-Office-Konferenz eine der größten deutschsprachigen Netzwerk-Plattformen für Family Officer und Vermögensträger geschaffen. In einem geschützten Rahmen können gemeinsame Herausforderungen besprochen, Impulse für die Zukunft gegeben und wertvolle Synergien geschaffen werden.

Was sind Erkenntnisse aus der Arbeit von Family Offices für andere vermögende Kunden? Können diese bei Berenberg ähnlich investieren?

Auch wenn man kein eigenes Family Office hat, sollte man sich Gedanken darüber machen, welche Ziele man mit seinem Vermögen langfristig verfolgt und welche Schwerpunkte man setzen möchte. Bei der Ausarbeitung einer Gesamtvermögensstrategie (SAA) können Berenberg-Berater auch Privatkunden unterstützen.

In den Anlageklassen können Privatanleger unternehmerisch agieren und temporäre Unterbewertungen als Chance nutzen. Aktuell bieten Anleihefonds beispielsweise wieder attraktive Renditechancen. Die Berenberg-Investmentlösungen in Form einer Vermögensverwaltung oder von Investmentfonds stehen allen vermögenden Kunden gleichermaßen zur Verfügung. Da gibt es keine Unterschiede. Direktinvestments in Unternehmen oder Immobilienprojekte bieten zudem gute Ertragschancen, sind jedoch nur mit sehr großen liquiden Vermögen möglich. Allerdings stehen diese Anlageklassen auch unseren semi-professionellen Kunden in Form von Fondslösungen zur Verfügung. In den Bereichen Private Debt und Immobilien bieten wir eigene Berenberg-Fonds an. Unsere Kooperation mit der Private-Equity-Fondsplattform Moonfare ermöglicht es, an der Entwicklung dieser spannenden Anlageklasse zu partizipieren. Grundsätzlich steht also allen Berenberg-Kunden das volle Leistungsspektrum der Bank zur Verfügung.

Kurzvita

Dennis Nacken, CFA, ist seit 2020 bei Berenberg und verantwortet den Bereich Family Office & Family-Owned Business. Er berät Unternehmerfamilien, Family Offices und Familienunternehmen. Zuvor durchlief Dennis Nacken verschiedene Positionen im Bereich Family Office sowie Research bei Allianz Global Investors und Helaba Invest. Er ist Diplom-Volkswirt sowie Betriebswirt (WAH) und trägt den Titel „Chartered Financial Analyst (CFA)“.

Unser Interviewgast

Nacken Dennis
Dennis Nacken
Leiter Family Office & Family Owned Business
Telefon +49 69 91 30 90-416