Ölpreiserholung steht trotz positiver Entwicklungen noch aus
Brentöl schwankte im zweiten Quartal zwischen 72 und 88 US-Dollar je Barrel. Dabei waren die Abwärtsbewegungen vor allem durch Konjunktursorgen und systematische Anleger getrieben, weniger durch schlechte Öl-Fundamentaldaten. Im Gegenteil: Vieles deutet auf einen knappen Ölmarkt. So verzeichnet China kräftiges Ölnachfragewachstum im Zuge der Öffnung nach Covid-19 und die positive Sommer-Saisonalität (Driving-/AirCon-Season) steht vor der Tür. Auf der Angebotsseite wirkt die OPEC als „Swing Producer“ Nachfrageschwächen weiterhin proaktiv entgegen. Die US-Schieferölindustrie verzeichnet indes eine rückläufige Bohraktivität im Jahresvergleich. Lediglich die Produktion Russlands ist robuster als erwartet. Zudem wurde die strategische Öl-Reserve in den USA wider Erwarten weiter reduziert. In Summe bleibt der Ausblick positiv, wenngleich das Potenzial, nachdem sich die Nachfrage in China schon zum Teil erholt und die OPEC ihre Quoten schon gekürzt hat, heute geringer scheint als noch vor einigen Monaten.
Gold bleibt wichtige, aber teure Absicherung im Portfolio
Gold stieg in Q2 zunächst trotz eines festeren Dollars und höherer Realzinsen Richtung Allzeithoch, konnte es dann jedoch nicht durchbrechen. Denn mit dem Abebben der Sorgen um den US-Bankensektor und der Einigung im US-Schuldenstreit überwog doch der Bewertungsgegenwind. Für einen nachhaltigen Aufwärtstrend braucht es aus unserer Sicht eine Fed-Wende und damit niedrigere Realzinsen. Da wir zeitnah eher mit einer Pause als mit einer Wende rechnen, dürfte das fundamentale Aufwärtspotenzial vorerst begrenzt bleiben. Gleichzeitig scheint Gold allerdings auch nicht besonders anfällig für größere Rücksetzer, denn die Positionierung der Anleger bleibt moderat und die wirtschaftliche Unsicherheit hoch. So bleibt Gold auch in den nächsten Monaten vor allem ein Portfoliobaustein zur Absicherung von Risikoszenarien.
Industriemetalle aktuell knapp, in Zukunft noch knapper
Industriemetalle gerieten im zweiten Quartal mit sich eintrübenden Frühindikatoren aus dem verarbeitenden Gewerbe zunehmend unter Druck. Die im historischen Vergleich äußerst niedrigen Lagerbestände an der LME sind bisher allerdings nur geringfügig gestiegen und deuten weiter auf ein knappes Angebot. Zwar scheint die Industrie aktuell etwas zu schwächeln, aber vor allem in China ist großes Nachfragewachstum aus dem Bereich der grünen Technologien zu verzeichnen. Kurzfristig überwiegt die Konjunkturentwicklung, langfristig dürfte der Trend zur Dekarbonisierung Industriemetallpreisen signifikant Rückenwind geben.
Autor
Ludwig Kemper
Ludwig Kemper ist seit 2019 als Stratege und seit 2021 außerdem als Portfoliomanager im Bereich Multi Asset tätig. Sein Aufgabenbereich umfasst die Generierung von Investmentideen und die Erstellung von Analysen zu Unterstützung von Investmententscheidungen. Dabei konzentriert sich Ludwig auf den Rohstoffsektor und die Optionsmärkte. Zuvor absolvierte er ein duales Studium bei Berenberg in Kooperation mit der Hamburg School of Business Administration. In seinen Rotationen war er im Investment Banking, Equity Research und Asset Management eingesetzt. Den Bachelor-Titel erhielt er als Jahrgangsbester mit Auszeichnung. Ludwig ist CFA-Charterholder.