Horizonte Q3│2023 - Rohstoffe

Rohstoffe pessimistischer als andere Anlagen

Prof. Dr. Bernd Meyer und Team geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das dritte Quartal 2023.

Ölpreiserholung steht trotz positiver Entwicklungen noch aus

Brentöl schwankte im zweiten Quartal zwischen 72 und 88 US-Dollar je Barrel. Dabei waren die Abwärtsbewegungen vor allem durch Konjunktursorgen und systematische Anleger getrieben, weniger durch schlechte Öl-Fundamentaldaten. Im Gegenteil: Vieles deutet auf einen knappen Ölmarkt. So verzeichnet China kräftiges Ölnachfragewachstum im Zuge der Öffnung nach Covid-19 und die positive Sommer-Saisonalität (Driving-/AirCon-Season) steht vor der Tür. Auf der Angebotsseite wirkt die OPEC als „Swing Producer“ Nachfrageschwächen weiterhin proaktiv entgegen. Die US-Schieferölindustrie verzeichnet indes eine rückläufige Bohraktivität im Jahresvergleich. Lediglich die Produktion Russlands ist robuster als erwartet. Zudem wurde die strategische Öl-Reserve in den USA wider Erwarten weiter reduziert. In Summe bleibt der Ausblick positiv, wenngleich das Potenzial, nachdem sich die Nachfrage in China schon zum Teil erholt und die OPEC ihre Quoten schon gekürzt hat, heute geringer scheint als noch vor einigen Monaten.

Öl: Kräftige Nachfrageerholung in China, aber Ölpreis stagniert

Ölpreis der Sorte Brent gegenüber der Nachfrageentwicklung in China

Zeitraum: 01.01.2020-13.06.2023
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen

Gold bleibt wichtige, aber teure Absicherung im Portfolio

Gold stieg in Q2 zunächst trotz eines festeren Dollars und höherer Realzinsen Richtung Allzeithoch, konnte es dann jedoch nicht durchbrechen. Denn mit dem Abebben der Sorgen um den US-Bankensektor und der Einigung im US-Schuldenstreit überwog doch der Bewertungsgegenwind. Für einen nachhaltigen Aufwärtstrend braucht es aus unserer Sicht eine Fed-Wende und damit niedrigere Realzinsen. Da wir zeitnah eher mit einer Pause als mit einer Wende rechnen, dürfte das fundamentale Aufwärtspotenzial vorerst begrenzt bleiben. Gleichzeitig scheint Gold allerdings auch nicht besonders anfällig für größere Rücksetzer, denn die Positionierung der Anleger bleibt moderat und die wirtschaftliche Unsicherheit hoch. So bleibt Gold auch in den nächsten Monaten vor allem ein Portfoliobaustein zur Absicherung von Risikoszenarien.

Gold: Erst bei Wende der Fed nachhaltiges Aufwärtspotenzial

Durchschnittliche Goldpreisentwicklung 3 Monate vor bis 6 Monate nach den letzten 3 Fed-Wenden (erste Zinssenkung) bzw. -Pausen (letzte Zinserhöhung)

Zeitraum: 05.10.2000 – 31.01.2020
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen

Industriemetalle aktuell knapp, in Zukunft noch knapper

Industriemetalle gerieten im zweiten Quartal mit sich eintrübenden Frühindikatoren aus dem verarbeitenden Gewerbe zunehmend unter Druck. Die im historischen Vergleich äußerst niedrigen Lagerbestände an der LME sind bisher allerdings nur geringfügig gestiegen und deuten weiter auf ein knappes Angebot. Zwar scheint die Industrie aktuell etwas zu schwächeln, aber vor allem in China ist großes Nachfragewachstum aus dem Bereich der grünen Technologien zu verzeichnen. Kurzfristig überwiegt die Konjunkturentwicklung, langfristig dürfte der Trend zur Dekarbonisierung Industriemetallpreisen signifikant Rückenwind geben.

Metalle: Niedrige Lagerbestände trotz schwächelnder Industrie

Gleichgewichteter Preis- und Lagerbestände-Index von Kupfer, Nickel, Alumini-um und Zink indexiert auf 100 am 01.01.2017

Zeitraum: 01.01.2017–09.06.2023
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen

Autor

Kemper Ludwig
Ludwig Kemper
Multi Asset Strategy & Research Analyst