Horizonte Q1│2025 - Anleihen

Wer gewinnen will, muss wagen

Prof. Dr. Bernd Meyer und Team geben in der aktuellen Horizonte-Publikation einen Ausblick auf das erste Quartal 2025.

Auf den Punkt

  • Sichere Staatsanleihen erscheinen für Absicherungszwecke interessant, bieten allerdings wenig Ertragspotential.

  • Europäische Unternehmensanleihen auf mindestens fairen, teilweise sogar attraktiven Renditeniveaus.

  • Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern bieten Aussichten auf positive Ertragschancen.

Anleihemärkte zwischen Politik und Wirtschaft

Politik prägte das Schlussquartal des abgelaufenen Jahres: Zusätzlich zum anhaltenden russischen Krieg gegen die Ukraine und den Auseinandersetzungen im Nahen Osten verkomplizierten die US-amerikanischen Wahlen und der „Red Sweep“ sowie der Bruch der deutschen Regierungskoalition die Lage. Die Folgen dieser Entwicklungen werden die Anleihemärkte auch im neuen Jahr nicht unberührt lassen. Was ist für das Jahr 2025 für die einzelnen Segmente der festverzinslichen Anlageklasse zu erwarten?

Sichere Staatsanleihen mit verhaltenem Ausblick

Für uns wenig überraschend folgte dem starken dritten Quartal ein schwächeres viertes – diesseits wie jenseits des Atlantiks stiegen die Renditen. Das somit für sichere Staatsanleihen alles in allem durchwachsene Jahr 2024 könnte einen Vorgeschmack auf 2025 geben, da wir auch für die kommenden zwölf Monate mit keiner wesentlichen Unterstützung durch die Renditeentwicklung rechnen. Zwar ermöglicht die gesunkene Inflation den Zentralbanken, ihren jeweils eingeläuteten Zinssenkungspfad fortzusetzen, doch wird die monetäre Lockerung nicht so stark ausfallen, wie dies noch vor wenigen Monaten erwartet worden war. In den USA wurde der Zinssenkungsoptimismus stark ausgebremst, da der dortige Regierungswechsel mit höheren Zöllen, strengerer Einwanderungspolitik, zunehmendem Preisdruck und steigendem Haushaltsdefizit einhergehen dürfte. Aber auch in Europa wird die Inflation nicht auf das Niveau von vor der Pandemie zurückkehren, womit kein Raum für sinkende Renditen besteht, sofern es nicht zu einem konjunkturellen Einbruch oder einer weiteren Eskalation (geo-)politischer Konflikte kommt. Vor diesem Hintergrund halten wir sichere Staatsanleihen allerhöchstens als Beimischung zu Absicherungszwecken für interessant.

Sichere Staatsanleihen bieten nur bescheidene Aussichten

Vergangene und erwartete Wertentwicklung 10-jähriger Staatsanleihen, Gesamteffekt aus Rendite-/Kursveränderung, Kuponertrag und Roll-down-Effekt

Zeitraum: 11.12.2019–11.12.2024
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen, iBoxx-Staatsanleihe-Indizes (7–10 Jahre, TR)

Prognosen: Leitzinsen und Staatsanleiherenditen (in %)

Berenberg- und Konsensprognose im Vergleich, Werte zur Jahresmitte 2025 und zum Jahresende 2025

Durchschnitt, Konsens per 12.12.2024
Quelle: Bloomberg

Unternehmensanleihen: Der Blickwinkel ist entscheidend

Unternehmensanleihen waren der Hauptprofiteur des Jahres 2024 – je höher das Kreditrisiko, desto besser die Performance. Die in weiten Teilen Europas und der USA besser als zunächst erwartete wirtschaftliche Entwicklung sowie anhaltende Mittelzuflüsse sorgten für einen Nachfrageschub. Nach der starken Entwicklung sind die Risikoaufschläge im Investmentgrade-Segment allerdings allenfalls noch als fair, im Hochzins-Bereich sogar als zunehmend unattraktiv einzustufen. Beim Blick auf die Renditen zeigt sich jedoch ein anderes Bild und eine im historischen Vergleich faire, in Teilen sogar attraktive Bewertung. Dies gilt insbesondere gegenüber dem Negativ- und Niedrigzinsumfeld der Jahre 2014 bis Mitte 2022. Die Kombination beider Sichtweisen sowie die expansivere Geldpolitik und erwartete stabile Konjunktur stimmen uns für das Segment der Unternehmensanleihen insgesamt verhalten positiv. Allerdings dürfte es keine weitere Spread-Einengung im Jahr 2025 geben, sodass das Aufwärtspotenzial wohl durch die laufende Rendite gedeckelt ist. Eine immer wahrscheinlicher werdende Marktkorrektur könnte das leicht eingetrübte Bild gleichwohl wieder aufhellen und Chancen auf bessere Bewertungsniveaus eröffnen.

Unternehmensanleihen: Renditeniveaus unverändert attraktiv

Renditen von Euro-Unternehmensanleihen, seitdem die Europäische Zentralbank den Einlagesatz im Juni 2014 erstmals in den negativen Bereich senkte

Zeitraum: 31.12.2013–30.11.2024
Quelle: ICE, eigene Darstellung. IG = Investmentgrade.

Schwellenländer: „Phönix-aus-der-Asche-Länder“ im Fokus

Der Wahlsieg Donald Trumps hat zuletzt klar die Anlegerstimmung bei Schwellenländeranleihen bestimmt, sowohl für Lokal- als auch für Hartwährungsanleihen. Dies dürfte auch im ersten Quartal 2025 so bleiben. Eine restriktive Zoll- und Migrationspolitik sowie eine unvorhersehbare US-Außenpolitik stehen für die Schwellenländer bereits jetzt klar im Fokus. Ist man dann innerhalb der Anlageklasse „Schwellenländer“ nirgendwo sicher? Die klare Antwort lautet: Doch! Innerhalb der Schwellenländer gibt es sehr wohl Emittenten, die aufgrund von Fiskalreformen und der erfolgreichen Umsetzung wirtschaftspolitischer Auflagen des Internationalen Währungsfonds sowie durch die Stärkung der institutionellen Unabhängigkeit von Fiskal- und Geldpolitik das Anlegervertrauen zurückgewinnen konnten. Diese positiven „Recovery Stories“ haben sich aufgrund ihres idiosynkratischen Charakters besser entwickelt als der breite Schwellenländermarkt. Dies gilt sowohl für Hartwährungs- als auch für Lokalwährungsanleihen. Dieser Trend sollte sich auch im ersten Quartal 2025 fortsetzen. Unter die sogenannten „Recovery Stories“ fallen insbesondere die Türkei, Ägypten, Argentinien, Serbien und Indien. Ein gleichgewichteter Korb aus diesen Ländern hat im Jahr 2024 im Vergleich zu einem breiten Lokalwährungsindex eine signifikant höhere Wertentwicklung verbuchen können. Gute Möglichkeiten für positive Ertragschancen sehen wir aufgrund hoher Realrenditen, stabiler Fundamentalkriterien, gemäßigter Währungsrisiken gegenüber dem Euro und einer niedrigen Korrelation gegenüber anderen Assetklassen daher insbesondere im Lokalwährungssegment.

Schwellenländeranleihen: Länderselektion zahlt sich weiterhin aus

Wertentwicklung eines gleichgewichteten EM-Währungskorbes (Türkische Lira, Ägyptisches Pfund, Argentinischer Peso, Serbischer Dinar, Indische Rupie)

Zeitraum: 29.11.2019–29.11.2024
Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen. EM = Emerging Markets.

Fazit: Unsere Favoriten für 2025 bleiben unverändert

Nach einem schwächeren Schlussquartal 2024 dürften sichere Staatsanleihen auch 2025 keine spürbare Aufwärtsbewegung erfahren. Lediglich im Fall eines (in unserem Hauptszenario nicht erwarteten) konjunkturellen Einbruchs oder einer Eskalation geopolitischer Risiken sollten sie sich als Absicherungsinstrument bewähren, darüber hinaus bieten sie jedoch keine besonders attraktiven Aussichten. Euro-Unternehmensanleihen sind differenziert zu betrachten: Hinsichtlich ihrer Risikoaufschläge sind sie zwar anspruchsvoll bewertet, doch mit Blick auf ihre Renditeniveaus ergeben sich noch immer interessante Möglichkeiten. Zudem werden sie durch die anhaltenden Zinssenkungen der großen Zentralbanken unterstützt. Unter den Schwellenländern setzen wir auf sich erholende Volkswirtschaften, die bereits im abgelaufenen Jahr ihr Potenzial unter Beweis gestellt haben und dies auch weiterhin tun sollten. Dabei richten wir den Blick vor allem auf das Lokalwährungssegment. Alles in allem gilt für das Jahr 2025: Wer mit Anleihen Geld verdienen möchte, kommt um das Eingehen des einen oder anderen Risikos nicht herum.

Autoren

Martin Mayer
Senior Portfoliomanager Multi Asset
Stern Felix
Felix Stern
Leiter Fixed Income Euro Ausgewogen
Wei Lon Sung
Leiter Fixed Income Emerging Markets