Auf den Punkt
Sichere Staatsanleihen erscheinen für Absicherungszwecke interessant, bieten allerdings wenig Ertragspotential.
Europäische Unternehmensanleihen auf mindestens fairen, teilweise sogar attraktiven Renditeniveaus.
Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern bieten Aussichten auf positive Ertragschancen.
Anleihemärkte zwischen Politik und Wirtschaft
Politik prägte das Schlussquartal des abgelaufenen Jahres: Zusätzlich zum anhaltenden russischen Krieg gegen die Ukraine und den Auseinandersetzungen im Nahen Osten verkomplizierten die US-amerikanischen Wahlen und der „Red Sweep“ sowie der Bruch der deutschen Regierungskoalition die Lage. Die Folgen dieser Entwicklungen werden die Anleihemärkte auch im neuen Jahr nicht unberührt lassen. Was ist für das Jahr 2025 für die einzelnen Segmente der festverzinslichen Anlageklasse zu erwarten?
Sichere Staatsanleihen mit verhaltenem Ausblick
Für uns wenig überraschend folgte dem starken dritten Quartal ein schwächeres viertes – diesseits wie jenseits des Atlantiks stiegen die Renditen. Das somit für sichere Staatsanleihen alles in allem durchwachsene Jahr 2024 könnte einen Vorgeschmack auf 2025 geben, da wir auch für die kommenden zwölf Monate mit keiner wesentlichen Unterstützung durch die Renditeentwicklung rechnen. Zwar ermöglicht die gesunkene Inflation den Zentralbanken, ihren jeweils eingeläuteten Zinssenkungspfad fortzusetzen, doch wird die monetäre Lockerung nicht so stark ausfallen, wie dies noch vor wenigen Monaten erwartet worden war. In den USA wurde der Zinssenkungsoptimismus stark ausgebremst, da der dortige Regierungswechsel mit höheren Zöllen, strengerer Einwanderungspolitik, zunehmendem Preisdruck und steigendem Haushaltsdefizit einhergehen dürfte. Aber auch in Europa wird die Inflation nicht auf das Niveau von vor der Pandemie zurückkehren, womit kein Raum für sinkende Renditen besteht, sofern es nicht zu einem konjunkturellen Einbruch oder einer weiteren Eskalation (geo-)politischer Konflikte kommt. Vor diesem Hintergrund halten wir sichere Staatsanleihen allerhöchstens als Beimischung zu Absicherungszwecken für interessant.
Unternehmensanleihen: Der Blickwinkel ist entscheidend
Unternehmensanleihen waren der Hauptprofiteur des Jahres 2024 – je höher das Kreditrisiko, desto besser die Performance. Die in weiten Teilen Europas und der USA besser als zunächst erwartete wirtschaftliche Entwicklung sowie anhaltende Mittelzuflüsse sorgten für einen Nachfrageschub. Nach der starken Entwicklung sind die Risikoaufschläge im Investmentgrade-Segment allerdings allenfalls noch als fair, im Hochzins-Bereich sogar als zunehmend unattraktiv einzustufen. Beim Blick auf die Renditen zeigt sich jedoch ein anderes Bild und eine im historischen Vergleich faire, in Teilen sogar attraktive Bewertung. Dies gilt insbesondere gegenüber dem Negativ- und Niedrigzinsumfeld der Jahre 2014 bis Mitte 2022. Die Kombination beider Sichtweisen sowie die expansivere Geldpolitik und erwartete stabile Konjunktur stimmen uns für das Segment der Unternehmensanleihen insgesamt verhalten positiv. Allerdings dürfte es keine weitere Spread-Einengung im Jahr 2025 geben, sodass das Aufwärtspotenzial wohl durch die laufende Rendite gedeckelt ist. Eine immer wahrscheinlicher werdende Marktkorrektur könnte das leicht eingetrübte Bild gleichwohl wieder aufhellen und Chancen auf bessere Bewertungsniveaus eröffnen.
Schwellenländer: „Phönix-aus-der-Asche-Länder“ im Fokus
Der Wahlsieg Donald Trumps hat zuletzt klar die Anlegerstimmung bei Schwellenländeranleihen bestimmt, sowohl für Lokal- als auch für Hartwährungsanleihen. Dies dürfte auch im ersten Quartal 2025 so bleiben. Eine restriktive Zoll- und Migrationspolitik sowie eine unvorhersehbare US-Außenpolitik stehen für die Schwellenländer bereits jetzt klar im Fokus. Ist man dann innerhalb der Anlageklasse „Schwellenländer“ nirgendwo sicher? Die klare Antwort lautet: Doch! Innerhalb der Schwellenländer gibt es sehr wohl Emittenten, die aufgrund von Fiskalreformen und der erfolgreichen Umsetzung wirtschaftspolitischer Auflagen des Internationalen Währungsfonds sowie durch die Stärkung der institutionellen Unabhängigkeit von Fiskal- und Geldpolitik das Anlegervertrauen zurückgewinnen konnten. Diese positiven „Recovery Stories“ haben sich aufgrund ihres idiosynkratischen Charakters besser entwickelt als der breite Schwellenländermarkt. Dies gilt sowohl für Hartwährungs- als auch für Lokalwährungsanleihen. Dieser Trend sollte sich auch im ersten Quartal 2025 fortsetzen. Unter die sogenannten „Recovery Stories“ fallen insbesondere die Türkei, Ägypten, Argentinien, Serbien und Indien. Ein gleichgewichteter Korb aus diesen Ländern hat im Jahr 2024 im Vergleich zu einem breiten Lokalwährungsindex eine signifikant höhere Wertentwicklung verbuchen können. Gute Möglichkeiten für positive Ertragschancen sehen wir aufgrund hoher Realrenditen, stabiler Fundamentalkriterien, gemäßigter Währungsrisiken gegenüber dem Euro und einer niedrigen Korrelation gegenüber anderen Assetklassen daher insbesondere im Lokalwährungssegment.
Fazit: Unsere Favoriten für 2025 bleiben unverändert
Nach einem schwächeren Schlussquartal 2024 dürften sichere Staatsanleihen auch 2025 keine spürbare Aufwärtsbewegung erfahren. Lediglich im Fall eines (in unserem Hauptszenario nicht erwarteten) konjunkturellen Einbruchs oder einer Eskalation geopolitischer Risiken sollten sie sich als Absicherungsinstrument bewähren, darüber hinaus bieten sie jedoch keine besonders attraktiven Aussichten. Euro-Unternehmensanleihen sind differenziert zu betrachten: Hinsichtlich ihrer Risikoaufschläge sind sie zwar anspruchsvoll bewertet, doch mit Blick auf ihre Renditeniveaus ergeben sich noch immer interessante Möglichkeiten. Zudem werden sie durch die anhaltenden Zinssenkungen der großen Zentralbanken unterstützt. Unter den Schwellenländern setzen wir auf sich erholende Volkswirtschaften, die bereits im abgelaufenen Jahr ihr Potenzial unter Beweis gestellt haben und dies auch weiterhin tun sollten. Dabei richten wir den Blick vor allem auf das Lokalwährungssegment. Alles in allem gilt für das Jahr 2025: Wer mit Anleihen Geld verdienen möchte, kommt um das Eingehen des einen oder anderen Risikos nicht herum.
Autoren
Martin Mayer
Bei Berenberg ist er seit November 2009 als Senior Portfoliomanager mitverantwortlich für die Renten- und Stiftungsstrategie der privaten Vermögensverwaltung sowie für individuelle Multi Asset-Spezialmandate mit defensivem Schwerpunkt. Nach seiner Ausbildung zum Betriebswirt (Wirtschaftsakademie) und seinem Studium zum Dipl.-Volkswirt (Universität Hamburg) trat er 1998 in die Vermögensverwaltung der Deutschen Bank ein. Dort betreute er bis 2008 individuelle Kundenportfolios für das Private Wealth Management und absolvierte 2001/2002 eine Weiterbildung zum CEFA-Investmentanalysten/DVFA. Im Sommer 2008 wechselte Mayer zur HSH Nordbank und fungierte dort als stellvertretender Leiter des Portfoliomanagements.
Felix Stern
Felix Stern begann vor mehr als 18 Jahren bei Berenberg im Asset Management als Portfoliomanager Renten. Heute leitet der Senior Portfoliomanager das Team Fixed Income Selection und ist verantwortlich für die Auswahl von Unternehmens- und Finanzanleihen sowie als Spezialist für die Selektion kurzfristiger Anleihen. Darüber hinaus ist er hauptverantwortlicher Portfoliomanager für mehrere institutionelle Publikumsfonds aus dem Hause Berenberg. Der gelernte Industriekaufmann wechselte nach mehrjähriger Tätigkeit im Bereich Market Research der British American Tobacco (Germany) GmbH Anfang 2000 in den Bereich des Fixed Income-Portfoliomanagements. Der Diplom-Kaufmann in Wirtschaftswissenschaften absolvierte sein Studium berufsbegleitend an der Fernuniversität in Hagen und erwarb zudem einen Abschluss als CCrA - Certified Credit Analyst (DFVA).