Auf den Punkt
US-Aktien haben sich im Jahr 2024 deutlich besser als alle anderen Aktien entwickelt. 2025 dürfte sich diese klare Divergenz aus verschiedenen Gründen nicht wiederholen.
2025 dürfte im Zeichen einer zunehmenden M&A-Aktivität stehen. Europäische Nebenwerte dürften als Ziele wegen des schwachen Euros und der günstigen Bewertung gelten. Die Marktbreite dürfte 2025 entsprechend gesund sein, im Einklang mit einer robusten Weltkonjunktur. Das Aufwärtspotenzial für globale Aktien dürfe jedoch begrenzt sein.
US-Aktien mit klarer Outperformance im vierten Quartal
Unsere Entscheidung, US-Aktien im Vorfeld und unmittelbar nach den US-Wahlen zu erhöhen, hat sich ausgezahlt. Mit Donald Trumps Wahlsieg hat auch der Markt seine „America First“-Politik gespielt. Für in US-Aktien investierte Euro-Investoren war das doppelt profitabel. Nicht nur US-Aktien legten kräftig zu, sondern auch der US-Dollar. US Small Caps legten bisher in Q4 um mehr als 13 % in Euro zu. Europäische und asiatische Aktien entwickelten sich im selben Zeitraum hingegen volatil seitwärts. Der Performanceunterschied zwischen US- und europäischen Aktien beträgt dieses Jahr mehr als 23 %, ein Höchstwert in diesem Jahrtausend.
Weniger regionale Performance-Divergenz im Jahr 2025
Mit dem Durchmarsch Donald Trumps bei den US-Wahlen spricht vieles auch weiterhin für US-Aktien. Schließlich möchte sich der neue US-Präsident für niedrigere Steuern, Deregulierung und eine „America First“-Politik (inkl. Importzölle) zur Stärkung der heimischen Wirtschaft einsetzen. Zudem sieht er den Aktienmarkt als gutes Barometer für seine politischen Erfolge, wie wir aus seiner ersten Amtszeit wissen. Es gibt also eine Art Trump-Put ähnlich dem Fed-Put. Den Präsidenten und die Zentralbank einen das Interesse an einem robusten S&P 500. Schließlich gehen mit einem steigenden Aktienmarkt eine bessere Unternehmens- und Konsumentenstimmung sowie höhere Steuereinnahmen einher. Dies gepaart mit der großen Innovationskraft von US-Unternehmen in Zukunftstechnologien wie der KI spricht klar für US-Aktien. Wir erwarten jedoch, dass die Divergenz zwischen US- und europäischen Aktien im Jahr 2025 deutlich abnehmen dürfte, aus mehreren Gründen. Der Konsensus der Volkswirte erwartet zwar, dass die US-Wirtschaft immer noch stärker als die Eurozone wächst, jedoch auch, dass sich der Wachstumsvorsprung von ca. 2Pp im realen BIP dieses Jahr auf ca. 1Pp nächstes Jahr halbiert. Ähnlich sehen das die Analysten bei den Gewinnschätzungen für 2025. Für die USA werden knapp 15 %, für die Eurozone knapp 9 % erwartet. Das erwartete Gewinnwachstum für 2024 liegt hingegen bei ca. 10 % für die USA und nur ca. 1 % für die Eurozone. Für europäische Aktien gibt es neben dem drohenden Handelskrieg mit der Schwäche Chinas, der hiesigen Konjunkturflaute, den höheren Energiepreisen und dem Krieg in der Ukraine viele Stolpersteine bzw. Risiken. Allerdings sind diese anhand hoher Risikoprämien in den Kursen bereits reflektiert. Aktuell handelt Europa auf KGV-Basis mit einem rekordhohen Bewertungsabschlag von ca. 40 % gegenüber US-Aktien. Gegeben der rekordhohen Gewinnmargen sowie der aktuellen KGV-Bewertungen von US-Aktien ist die Ausgangslage schwieriger als unter Trump vor acht Jahren. In US-Aktienfonds- und -ETFs sind seit Beginn dieser Dekade ca. 1,1 Billionen USD geflossen. Der Rest der Welt hat in derselben Zeitspanne weniger als 250 Mrd USD an Zuflüssen registriert. Die extreme Positionierung und Bewertung sind also anfällig für positive Überraschungen aus Europa bzw. negative aus den USA. Ein nahendes Kriegsende in der Ukraine und im Nahen Osten könnte eine positive Überraschung sein. Zudem dürften die vorteilhaften Finanzbedingungen (schwacher Euro vs. starker US-Dollar, eine ausgeweitete Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa) europäische Unternehmen relativ unterstützen.
Gesunde Marktbreite 2025 — auch dank verstärkter M&A Aktivität
Der schwache Euro und die günstigen Bewertungen dürften europäische Unternehmen, insbesondere im Nebenwerte-Bereich, attraktiv für „Private Equity“- sowie ausländische Unternehmen machen. In den USA dürften die wohl bald anstehende Steuergewissheit für Unternehmen sowie eine Deregulierungswelle nicht nur den M&A-Markt, sondern auch IPO-Aktivitäten beflügeln. All dies dürfte neben dem robusten Konjunkturumfeld 2025 zu einer ordentlichen Marktbreite führen, in der auch Nebenwerte glänzen dürften. Für den S&P 500 sehen wir keine weitere Bewertungsausweitung im Jahr 2025, sodass sich die Gewinne maximal auf das Gewinnwachstum begrenzen dürften. Für den Rest der Welt hängt es stark davon ab, wie viele Risiken sich materialisieren. Bleiben viele aus, dürften europäische und Schwellenländeraktien auch Unterstützung durch Bewertungsausweitungen erfahren.
Was die Unternehmen bewegt
KI als Wachstumstreiber
Bei unseren Gesprächen mit Unternehmen haben im vergangenen Quartal besonders die Themen KI, Zinsen und der mögliche Handelskrieg dominiert. In der Halbleiterindustrie trennt sich gerade die Spreu vom Weizen. Der breite Sektor leidet unter einer sequenziellen Abschwächung in China und nur KI-Profiteure wie Marvell und TSMC zeigen sich neben Nvidia stark. Investoren rotierten daher in den letzten Wochen verstärkt in Softwareunternehmen – auch weil diese bei potenziellen Handelsstreitigkeiten weniger betroffen wären und sie sich für 2025 weiteres Wachstum durch KI-Applikationen versprechen. Auch der Ausbau der Datenzentren beschleunigt sich durch die KI, und der Energieverbrauch steigt nach Jahrzehnten der Stagnation in den USA und Europa erstmal wieder an. Andererseits hat die Angst vor einem Handelskrieg und dadurch potenziell stärker fallenden Zinsen in Europa die Kurse der Banken unter Druck gesetzt, wohingegen Börsenbetreiber von der zuletzt gestiegenen Volatilität an den Märkten profitieren konnten. Die Aussicht auf weitere Zinssenkungen hat bisher noch nicht zu einer Verbesserung der Auftragslage in der Baubranche beigetragen. Auf der Konsumseite setzten sich die negativen Trends mit wenigen Ausnahmen sequenziell fort, und besonders die Automobilindustrie hat aktuell zu kämpfen.
- Matthias Born, CIO Aktien
Autor
Ulrich Urbahn
Ulrich Urbahn arbeitet seit Oktober 2017 für Berenberg und ist zuständig für quantitative Analysen sowie die Entwicklung strategischer und taktischer Allokationsideen und ist in die Kapitalmarktkommunikation eingebunden. Er ist Mitglied des Asset Allocation Committee und Portfoliomanager von flexiblen Multi Asset Strategien. Nach seinen Diplomen in VWL und Mathematik an der Universität Heidelberg war er mehr als zehn Jahre bei der Commerzbank unter anderem als Senior-Cross-Asset-Stratege tätig. Ulrich Urbahn ist CFA-Charterholder und gehörte bei der renommierten Extel-Umfrage jahrelang den drei weltweit besten Multi-Asset-Research-Teams an.