Ölnachfrage kurzfristig schwach, Angebot letztlich noch schwächer
Rohöl erlebte ein schwieriges viertes Quartal. Mit Rezessionssorgen im Westen und steigenden Corona-Zahlen in China dominierte die Angst vor einer Nachfrageschwäche. So notiert Öl nun wieder in etwa da, wo es Anfang des Jahres stand. Bei einer milden Rezession und einem Abrücken von der Null-Covid-Politik in China würde ein Nachfragerückgang jedoch nur temporär sein. Die Angebotsprobleme scheinen hingegen strukturell. Ölproduzenten sowohl in den USA als auch im Mittleren Osten üben sich in Investitionszurückhaltung und mit dem EU-Ölembargo dürfte ein Teil des russischen Angebots langfristig verloren gehen. Zudem entfällt zum Jahreswechsel die Angebotsunterstützung durch die Freigabe strategischer US-Reserven. Werden diese wieder aufgefüllt, bedeutet dies gar zusätzliche Nachfrage. Wir erwarten einen knappen Ölmarkt und steigende Preise.
Positiver Ausblick für Gold, aber abnehmende relative Attraktivität
Gold gelang es in Q4, den Abwärtstrend des Sommers zu durchbrechen. Ausschlaggebend für die neue Stärke war die Schwäche des US-Dollars. Indessen boten endlich stagnierende Realzinsen weniger Gegenwind. Damit notiert auch Gold wieder in etwa da, wo es Anfang des Jahres stand. Das Abwärtspotenzial dürfte begrenzt bleiben in den nächsten Monaten. Denn Anleger haben mittlerweile mehr als die Hälfte der im Zuge der Corona-Krise aufgebauten Goldbestände wieder verkauft. Der Trend der Dedollarisierung von Zentralbankreserven hat sich hingegen seit Putins Krieg deutlich beschleunigt. Trotzdem hat die Attraktivität von Gold abgenommen. Zum einen bleibt es weiter Spielball der Fed und damit positiv korreliert zu Aktien und Renten. Und zum anderen erwirtschaften andere sichere Häfen wie US- oder deutsche Staatsanleihen zunehmend attraktive laufende Erträge.
Langfristiger Aufwärtstrend bei Industriemetallen beschleunigt
Industriemetalle entwickelten sich trotz trüber Konjunkturaussichten im Westen in Q4 erfreulich. Unterstützung kam aus China seitens der Maßnahmen zur Stützung des Immobiliensektors sowie seitens der Nachfrage aus den Bereichen Netzausbau und Elektromobilität. Die sehr niedrigen Lagerbestände signalisieren, dass die Metallmärkte jetzt schon knapp versorgt sind. Zudem dürften die weiter hohen Energiepreise, ein großer Teil der Produktionskosten, das Abwärtspotenzial begrenzen. Liegt die Rezession hinter uns, dürften Industriemetalle kräftig hinzugewinnen – nicht zuletzt weil sich die Nachfrage durch die Energiewende im Zuge des Russland-Ukraine-Krieges beschleunigt haben dürfte.
Autor
Ludwig Kemper
Ludwig Kemper ist seit 2019 als Stratege und seit 2021 außerdem als Portfoliomanager im Bereich Multi Asset tätig. Sein Aufgabenbereich umfasst die Generierung von Investmentideen und die Erstellung von Analysen zu Unterstützung von Investmententscheidungen. Dabei konzentriert sich Ludwig auf den Rohstoffsektor und die Optionsmärkte. Zuvor absolvierte er ein duales Studium bei Berenberg in Kooperation mit der Hamburg School of Business Administration. In seinen Rotationen war er im Investment Banking, Equity Research und Asset Management eingesetzt. Den Bachelor-Titel erhielt er als Jahrgangsbester mit Auszeichnung. Ludwig ist CFA-Charterholder.