
Liebe Leserinnen und Leser,
der Optimismus in Bezug auf US-Aktien war nach dem Wahlsieg von Donald Trump hoch, und die Markterwartungen, gemessen an den Aktienbewertungen und der Positionierung und Stimmung der Anleger, waren Ende 2024 noch höher. Und so kam es, wie es kommen musste: Die verschmähten Aktien aus Europa und China feierten ein grandioses Comeback, mit dem kaum jemand gerechnet hatte. Selbst unser im Vergleich zur Konkurrenz optimistisches 2025-Jahresendziel für den Dax von 22.000 Punkten wurde bereits im Februar pulverisiert. Hier zeigt sich einmal mehr, dass sich Diversifikation ebenso auszahlt wie eine gesunde Skepsis, wenn der Marktkonsens zu stark und die Stimmung zu extrem ist. Für die Anleger war es zunächst ein guter Start ins Jahr mit einer positiven Performance der allermeisten Anlagemöglichkeiten. Dies änderte sich mit dem Amtsantritt von Präsident Trump, der politischen Unsicherheit und der damit einhergehenden Marktvolatilität. Insbesondere US-Aktien korrigierten. Zu den Gewinnern des ersten Quartals zählen europäische Aktien, Aktien aus den Schwellenländern sowie Edel- und Industriemetalle.
Wir hatten nach der Vereidigung von Donald Trump mit schwierigeren Märkten gerechnet. Die Kombination aus der Verschärfung der finanziellen Bedingungen in Q4, den Sparmaßnahmen (DOGE), den Einwanderungsbeschränkungen, den steigenden Zöllen und der hohen Unsicherheit dürfte zu einem zumindest vorübergehend kontraktiven Konjunkturimpuls in den USA führen. Die US-Konjunkturdaten haben zuletzt enttäuscht. Ein solcher Impuls könnte Trump entgegenkommen, da ein schwächeres Wachstum bereits zu niedrigeren Zinsen und einem schwächeren US-Dollar führt und auch zu einem Rückgang der immer noch zu hohen Inflation führen könnte. Das sind alles mittelfristig wieder wachstumsfördernde Ziele der Trump-Administration. Zusammen mit dem Liquiditätsentzug durch die im April fällige Kapitalertragssteuer 2024 in den USA und der ab Mai typischerweise schwächeren Aktiensaisonalität dürfte die Phase erhöhter Volatilität an den Märkten zunächst anhalten – Trumps politische Börsen dürften längere Beine haben. Auch die Inflation ist in den USA nach wie vor zu hoch, und Zölle helfen nicht, sie zu senken – im Gegenteil. Da nun auch in Europa die Staatsverschuldung stärker zunehmen dürfte, die Ausgaben für Verteidigung und Infrastruktur steigen und damit auch die Nachfrage nach Rohstoffen und Arbeitskräften, sollten Anleger die mittelfristigen Inflationsrisiken nicht aus den Augen verlieren. Die Entwicklung der Anleiherenditen dürfte volatil bleiben. Rohstoffe bleiben als Beimischung attraktiv. Europäische Aktien haben weiteres Potenzial, wenn internationale Anleger ihre Allokation ändern. Die starke relative Performance könnte jedoch mit Zöllen gegen Europa und wieder verbesserten finanziellen Rahmenbedingungen in den USA vorerst ins Stocken geraten. Die Märkte dürften auch in Q2 herausfordernd und eine ausgewogene Aufstellung damit angebracht bleiben. Mittelfristig bleiben wir optimistisch und können uns vorstellen, stärkere Korrekturen für Aufstockungen zu nutzen.
Im Insights-Interview ab Seite 14 spricht Kay Eichhorn-Schott, Aktien-Portfoliomanager mit Fokus auf den Gesundheitssektor, darüber, was den Sektor aktuell für Anleger interessant macht und welche Trends und Subsektoren er besonders spannend findet.
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Prof. Dr. Bernd Meyer
Prof. Dr. Bernd Meyer ist seit Oktober 2017 Chefanlagestratege bei Berenberg und dort im Wealth and Asset Management für die diskretionären Multi-Asset-Strategien sowie die Vermögensverwaltungsmandate zuständig. Prof. Dr. Bernd Meyer war zunächst Leiter der Europäischen Aktienstrategie bei der Deutschen Bank in Frankfurt und London und baute ab 2010 als Bereichsleiter das globale Cross Asset Strategy Research bei der Commerzbank auf. Prof. Dr. Meyer wurde mehrfach ausgezeichnet. So rangierte er mit seinem Team beim renommierten Extel Survey in den Jahren 2013 bis 2017 jeweils unter den besten drei Multi Asset Research Teams weltweit. Prof. Dr. Meyer ist DVFA Investment Analyst, CFA-Charterholder und Gastdozent für „Empirische Kapitalmarktforschung“ an der Universität Trier. Er hat zahlreiche Artikel und zwei Bücher veröffentlicht sowie drei wissenschaftliche Auszeichnungen erhalten.