Warum ist eine Abkehr von althergebrachten Rezepten notwendig?
Multi-Asset-Strategien spielen beim Kaufkrafterhalt und der realen Vermögensbildung heute eine zentrale Rolle, denn bei Anlagen wie Sparbuch oder Staatsanleihen ist im Niedrigzinsumfeld nur noch eines sicher: Der Verlust der Kaufkraft. Multi-Asset-Strategien nutzen je nach Risikoneigung und Renditeerwartung der Anleger verschiedene Anlageklassen, Regionen und Segmente. Sie berücksichtigen die Interaktion dieser Anlagen und profitieren von deren unterschiedlichem Verhalten. Im Vergleich mit nur in einer Anlageklasse investierten Strategien erzielen sie einen höheren Diversifikationseffekt. Das reduziert die Schwankungen des Portfolios. Aber auch Multi-Asset-Strategien müssen auf das in den letzten Jahren veränderte Marktverhalten reagieren. Das Niedrigzinsumfeld, die Liquiditätsschwemme durch die Zentralbanken, die zunehmende Bedeutung systematischer Investmentstrategien und passiver Anlagen, neue und komplexere Produkte, veränderte Korrelationseigenschaften der Anlagen oder der Wunsch von Anlegern, Nachhaltigkeitsaspekte zu berücksichtigen, erfordern eine Abkehr von althergebrachten Rezepten wie einer starken Benchmark-Orientierung oder pro-zyklischen Verhaltensweise. Hinzu kommt die zunehmende Informationsflut und -geschwindigkeit.
Berenberg hat in den letzten Jahren seine Multi-Asset-Investmentphilosophie grundlegend erneuert und bietet nun mit seinen Multi-Asset-Fonds und den Vermögensverwaltungsstrategien moderne, erfolgversprechende Multi-Asset-Ansätze, die das veränderte Marktumfeld explizit berücksichtigen und weit über traditionelle Ansätze einer alleinigen und statischen Mischung von Anleihen und Aktien hinaus gehen. Der Erfolg unserer Strategien gerade in den herausfordernden letzten Jahren gibt uns recht: Multi-Asset-Ansätze müssen permanent auf die Herausforderungen des Marktes reagieren, um einen Mehrwert für die Anleger zu erzielen.
Unter Multi Asset verstehen wir allgemein das Investieren über alle Regionen, Anlageklassen, Segmente und Anlageinstrumente hinweg. Wir nutzen dabei die volle Kapitalstruktur der Unternehmen. So investieren wir nicht nur in Aktien und normale Anleihen, sondern auch in Wandel-, Aktien-, Hochzins- und Nachranganleihen. Rohstoffe umfassen für uns Edelmetalle, Industriemetalle und Energie, wir schließen aus ethischen Gründen jedoch Agrarrohstoffe und Lebendvieh aus. Um eine breite Diversifizierung zu erreichen, mischen wir auch bewusst wenig korrelierte Nischensegmente wie Katastrophenanleihen, Mikrokreditfonds, nachhaltige Impactstrategien oder selektiv auch andere liquide Alternative Anlagen bei. Ziel ist ein „wahres“ Multi-Asset-Portfolio, also beispielsweise nicht nur ein Aktienportfolio mit erhöhter Kassenquote und Goldbeimischung. Wir nutzen damit alle Diversifikationsmöglichkeiten, die der Markt bietet. Wir beschränken uns dabei auf liquide Instrumente. Private Equity oder Debt sowie Immobilien können unsere Kunden dann individuell neben unseren Fonds oder Vermögensverwaltungsstrategien ergänzen.
Entscheidend ist aber, wie wir in diesem breiten Universum investieren. Als diskretionäre Anleger sind wir davon überzeugt, dass man sich entsprechend seiner Kapitalmarktmeinung und Überzeugung positionieren sollte. Für uns ist folglich wichtig, einen ganzheitlichen, klaren, erfolgversprechenden Ansatz zu verfolgen. Wir setzen auf eine aktive und flexible Asset Allokation, die sowohl strategische als auch taktische Chancen nutzt, wenn die Gründe analytisch fundiert sind und wir eine hohe Überzeugung haben. Zu den taktischen Chancen zählt neben der klassischen Quotensteuerung auch die Nutzung von kurzfristigen Marktchancen, auch antizyklisch und abseits der Benchmark. Dazu kommt eine aktive Einzeltitelselektion in allen Anlageklassen. Dabei greifen wir auf die hauseigenen Spezialisten zurück.
Unser Verständnis von Multi Asset grenzt sich damit von Ansätzen wie Misch-, Multi-Strategie- oder Global-Macro-Fonds ab. Unter Mischfonds verstehen wir eine statische Mischung von Anlageklassen. Multi-Strategie-Fonds verfolgen mehrere Anlagestrategien parallel, meist über verschiedene Anlageklassen hinweg – mit dem Ziel, Nutzen aus der Diversifikation unterschiedlicher Investmentstrategien zu ziehen. In Krisenzeiten gehen diese Konzepte jedoch häufig nicht auf, weil die Strategien sich dann meist gleichgerichteter entwickeln als antizipiert. Global-Macro-Strategien fokussieren auf übergeordnete konjunkturelle Entwicklungen, Zentralbankpolitik und Bewertungen. Eine fundierte Einzeltitelselektion spielt bei diesen in der Regel nur eine untergeordnete Rolle.
Eine Unterscheidung zwischen Multi-Asset-Strategien und vermögensverwaltenden Strategien sehen wir nicht. Angesichts des Niedrigzinsumfeldes sind vermögensverwaltende Strategien heutzutage fast zwangsläufig Multi-Asset-Strategien. Häufig wird mit vermögensverwaltenden Strategien aber ein gewisses Maß an „Vermögenserhalt“ verbunden. Sie sind tendenziell defensiv, langfristig ausgerichtet und das Management erfolgt mit „einer ruhigen Hand“. Der regionale Anlageschwerpunkt ist insbesondere auf der Anleiheseite häufig auf den eigenen Währungsraum fokussiert. So gesehen könnte man argumentieren, vermögensverwaltende Strategien seien eine Untergruppe von Multi-Asset-Strategien.
Ganzheitliches Denken, eine fundierte Marktmeinung, Konsequenz und Transparenz sind unsere Leitlinien. Als aktive und diskretionär entscheidende Manager sind wir überzeugt, dass sich nur mit einer starken und fundierten Kapitalmarktmeinung langfristig ein besseres Ergebnis als die Benchmark erzielen lässt. In unseren Multi-Asset-Strategien setzen wir unsere Marktmeinung entscheidungsstark um, auch antizyklisch, konträr zum Marktkonsens und abseits der Benchmark.
Eine fundierte Meinung ist umso wichtiger, da wir überzeugt sind, dass sich die Marktstruktur und das Marktverhalten in der letzten Dekade wesentlich verändert hat.1 Es ist ein zunehmend trendverstärkendes Verhalten vieler Marktteilnehmer zu beobachten. Niedrige Zinsen, das Ersetzen von Staatspapieren durch Unternehmens- oder Schwellenländeranleihen und höhere Aktienquoten machen Multi-Asset-Portfolios weniger gut diversifiziert. Das führt dazu, dass sich auch viele Multi-Asset-Anleger zunehmend prozyklisch verhalten und beispielsweise in fallenden Märkten Risiken abbauen. Außerdem hat die Bedeutung systematischer Anlagestrategien zugenommen – nicht zuletzt durch Robo Advisors. Diese Strategien agieren in der Regel ebenfalls prozyklisch und damit trendverstärkend.
Auch gibt es immer weniger Value-Investoren, die auch mal antizyklisch agieren. Denn Value-Strategien haben sich viele Jahre unterdurchschnittlich entwickelt, zudem gehen in den USA die Babyboomer in Rente, die häufig in Value-fokussierte Fonds investiert haben und diese nun sukzessive wieder verkaufen. Dazu kommen der Aufstieg elektronischer Handelsplattformen, der Vormarsch passiven Investierens mittels ETFs und die Anforderungen von MiFID II insbesondere bei der Kapitalanlageberatung. Die Liquidität an den Märkten hat sich damit verändert. In Kombination mit dem trendverstärkenden Anlegerverhalten kommt es dadurch vermehrt zu Übertreibungen sowohl nach oben als auch nach unten und zu scharfen Korrekturbewegungen. Es gibt also immer mehr Extremereignisse. 2020 gab es über alle Anlageklassen hinweg nahezu dreimal so viele abrupte, scharfe Marktbewegungen (4-Sigma-Bewegungen) wie im Jahr der Finanzmarktkrise 2008.
In diesem Marktumfeld ist eine fundierte Marktmeinung elementar, um Marktbewegungen, die von systematischen Anlagestrategien getrieben sind, von fundamental gerechtfertigten Bewegungen unterscheiden zu können. Denn nur mit entsprechenden Überzeugungen ist es sinnvoll, sich gegen Trends zu stellen. Zudem müssen Risiken, das Marktsentiment, sowie die Positionierung von Anlegern kontinuierlich beobachtet werden. Diese Informationen bieten eine solide Basis für unseren Entscheidungsprozess, sowohl bei notwendigen Ad-hoc-Entscheidungen als auch in den regelmäßigen Investment- und Asset-Allokation-Komitees. Die Positionierung wichtiger Anlegergruppen ist im aktuellen Marktumfeld genauso interessant wie fundamentale Kennzahlen.
Das veränderte Marktverhalten erfordert ein grundsätzliches Umdenken: Mit Flexibilität und einem taktischen, opportunistischen Vorgehen können wir die vermehrt auftretenden Übertreibungen für unsere Anleger nutzen. Eine Abkehr von einer starken Benchmark-Orientierung oder einfachen Investitionsquotensteuerung ist erforderlich. Basierend auf einer langfristig strategischen Allokation, geht es darum, die Allokationsquoten flexibel und aktiv zu steuern und um taktische Marktopportunitäten zu erweitern – insbesondere auch antizyklisch. Dies ermöglicht es auch, die vermehrt auftretenden Übertreibungen am Markt zu nutzen. Eine breite Diversifikation und Investments abseits von Benchmarks sorgen zum einen für eine hohe Risikostreuung und zum anderen für Chancen auf überdurchschnittliche Renditen. Zusätzlich ist die Philosophie der Wertpapierauswahl zentral. Abseits von Benchmarks investieren wir in langfristig überdurchschnittlich attraktive Unternehmen und Anlagethemen, die strukturelle Werttreiber aufweisen.
Unsere Investoren müssen die Beweggründe für unsere Entscheidungen nachvollziehen können. Anlageentscheidungen können an den Finanzmärkten nicht immer richtig sein, was jedem bewusst ist. Was wir aber für alle Entscheidungen sicherstellen müssen, sind nachvollziehbare analytisch fundierte Gründe. Nach unserer Erfahrung steigt dann auch der Anteil erfolgreicher Entscheidungen. Unsere Kapitalmarktmeinung und unserer Positionierung kommunizieren wir deshalb transparent und zeitnah. Alle Publikationen können unter www.berenberg.de/kapitalmarktblick abgerufen oder auch als regelmäßige Newsletter abonniert werden. Diese Transparenz schätzen unsere Kunden.
1 Siehe Berenberg Märkte – Fokus „Achtung Risiko – Die Anfälligkeit der Märkte steigt“, 11. Oktober 2018; Berenberg Märkte – Fokus „Wie Schwarze Schwäne zur Plage wurden“, 20. April 2020; Berenberg Märkte – Fokus „Unternehmensanleihen – 2020: Jahr der Extreme oder neue Normalität“, 8. Juli 2020,
Berenberg Märkte – Fokus „Passive Anlagen verändern Marktstruktur und Marktverhalten“, 5. Mai 2021.Als Multi-Asset-Spezialisten ist eine unserer Kernkompetenzen die Beurteilung der Attraktivität und die Kombination einzelner Anlageklassen vor dem Hintergrund des aktuellen Markt- und Wirtschaftsumfeldes. Im Rahmen unseres Investmentprozesses konzentrieren wir uns daher auf die taktische Steuerung der Investitionsquoten, die Suche nach langfristig attraktiven Investments sowie die Generierung und das Nutzen von eher kurzfristig orientierten taktischen Investmentideen, auch antizyklisch entgegen der vorherrschenden Marktmeinung. Ziel ist es ein chancenreiches, aber auch robustes Multi-Asset-Portfolio in Abhängigkeit von der jeweiligen Risikoneigung und den Bedürfnissen unserer Kunden zusammenzustellen.
In unserer ausgewogenen Strategie kann die Aktienquote beispielsweise bis zu 15% über- oder untergewichtet werden, also um insgesamt 30% um die strategische Gewichtung von 50% schwanken. Einen Großteil dieses Spielraumes haben wir in den letzten Jahren auch aktiv genutzt. Auch durch die Veränderung der Gewichtung einzelner Regionen, die richtige Instrumentenauswahl, die Berücksichtigung von unterschiedlichen Investmentstilen wie Quality oder Growth, die Beimischung von Small Caps auf der Aktienseite oder Hochzinsanleihen auf der Anleiheseite schaffen wir einen Mehrwert für unsere Kunden.
Viele der für unsere Strategieausrichtung relevanten Analysen erstellen wir selbst, nutzen aber auch das umfangreiche Know-How externer Analysten, um unsere Markteinschätzung immer wieder kritisch zu hinterfragen, zu aktualisieren und zu komplettieren. An unserer Markteinschätzung wirken dabei alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Multi-Asset-Portfoliomanagements mit. Die endgültige Portfolioallokation wird letztlich aber durch einen begrenzten Kreis erfahrener Portfoliomanager und Multi-Asset-Spezialisten gesteuert, damit eine jederzeitige und zeitnahe Entscheidungsfähigkeit gegeben ist und eine klare Marktmeinung in unseren Portfolios zum Ausdruck kommt.
Um innerhalb einzelner Anlageklassen zusätzlich Mehrwert zu schaffen, arbeiten wir mit einem breiten Netzwerk an Spezialisten zusammen, um die vielversprechendsten Titel in den einzelnen Anlageklassen zu selektieren. Da europäische Aktien einen wesentlichen Einfluss auf die Wertentwicklung unserer Portfolios haben, ist insbesondere die enge Zusammenarbeit mit unserem Aktien-Portfoliomanagement-Team hervorzuheben, einem äußerst erfahrenen und erfolgreichen Team für die Selektion von europäischen Aktien. Die effiziente Verbindung unserer breiten Multi-Asset-Expertise mit diesem Spezialistenwissen schafft aus unserer Sicht den größtmöglichen Mehrwert für das Vermögen unserer Kunden.
Eine Benchmark ist für uns nur eine grobe Orientierung für die strategische Ausrichtung eines Portfolios. Sie dient als objektive Vergleichsgröße für die Wertentwicklung, die am Kapitalmarkt mit einer entsprechenden Risikoneigung erreichbar gewesen wäre. Sie ermöglicht es zu beurteilen, ob es uns gelungen ist, mit unseren Allokations- und Selektionsentscheidungen in einem bestimmten Zeitraum einen Mehrertrag für unsere Kunden zu erwirtschaften.
Durch die Zunahme des passiven, indexnahen Investierens und systematischer Anlagestrategien werden Indizes und somit auch Benchmarks selbst immer konzentrierter und vielfach unausgewogener. Hinzu kommt, dass sich auch viele vermeintlich aktive Manager zur Risikoreduzierung immer näher an die Benchmark heranbewegen. Ein solches Marktumfeld bietet zunehmend attraktive Chancen für aktive Manager wie uns.
Unser Ziel ist es, langfristig einen attraktiven Mehrertrag durch unseren aktiven Investmentansatz zu erwirtschaften. Dafür weichen wir zum Teil deutlich von den vorgegebenen Quoten der Benchmark ab und investieren bewusst auch abseits der Benchmark, sei es in Regionen, Marktsegmenten oder Einzelwerten (hoher „Active Share“). Auch im Hinblick auf das eingegangene Risiko weichen wir somit bewusst aktiv von der Benchmark ab und tolerieren vorübergehend auch höhere Schwankungen unseres Portfolios im relativen Vergleich. Ein erhöhtes Risiko ist beispielsweise dann lohnend, wenn Risiken mit hohen Renditeaufschlägen entschädigt werden und die Kapitalmärkte viele Chancen bieten. Umgekehrt reduzieren wir Risiken, wenn sie nicht mehr angemessen kompensiert werden.
Jahrelang war es für konservative Anleger relativ einfach mit Anleiheinvestments positive Renditen zu erwirtschaften und die Kaufkraft zu erhalten. Seitdem die Zinsen zum Teil negativ sind und in aller Regel spürbar unterhalb der Inflationsrate liegen, ist ein realer Kapitalerhalt oder sogar Vermögenszuwachs allein mit Anleihen kaum mehr möglich. Entweder man geht im Niedrigzinsumfeld höhere Risiken ein oder man erzielt keinen Ertrag – und Letzteres ist nicht wirklich eine Alternative, insbesondere wenn man nach Abzug der Inflation das Kapital erhalten möchte. Wer bereit ist höhere Risiken einzugehen, sollte sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, was Risiko bedeutet und ob es zumindest vorübergehend tragbar ist. Denn eines ist klar: Früher oder später kommt die Nagelprobe. Das Vermeiden von strukturellen Risiken steht bei uns im Vordergrund, kurzfristige Volatilität dulden wir hingegen bewusst.
Den nahezu perfekten Hedge für Risikoanlagen in Form von sicheren Staatsanleihen mit langer Duration und gleichzeitig positivem Ertrag gibt es so nicht mehr. Klassische 60/40 Portfolios mit 60% US-Aktien und 40% in US-Staatsanleihen haben laut einer Studie von JP Morgan rund 10% p.a. über die letzten 40-50 Jahre eingebracht, auch dank einer fallenden Inflation und damit einhergehend fallenden Zinsen. Über die nächste Dekade dürfte das Renditepotenzial unserer Ansicht nach wohl eher bei 3-4% p.a. liegen. Maßgeblich für den Erfolg dieses statischen Ansatzes waren die bisherigen Korrelationseigenschaften zwischen Staatsanleihen und Aktien.
Regelmäßig konnten US-Staatsanleihen zulegen und einen Teil der Verluste bei zwischenzeitigen Aktienmarktkorrekturen kompensieren. Doch damit scheint es vorbei zu sein: Die kurzfristige Korrelation zwischen US-Staatsanleihen und Aktien ist inzwischen nicht mehr negativ und ein zunehmender Gleichlauf in Stressphasen wie im März 2020 könnte Anlegern zukünftig Schwierigkeiten bereiten.
In diesem veränderten Umfeld müssen wir insbesondere auf die Risiken in den Multi-Asset-Mandaten achten und gegebenenfalls Anpassungen in der Positionierung vornehmen. Ein langfristiger Anlagehorizont, der es ermöglicht begrenzte Wertschwankungen zu verkraften, ist in diesem Umfeld aber letztlich der Schlüssel. Je länger der Anlagehorizont, desto wahrscheinlicher ist es, dass zwischenzeitliche Verluste auch wieder ausgeglichen werden können und das langfristige Anlageziel am Ende auch erreicht wird. Die Alternativen sind entweder eine sehr defensive Grundausrichtung der strategischen Asset-Allokation oder die kontinuierliche Absicherung von Risiken. Erstere eröffnet im anhaltenden Niedrigzinsumfeld aber kaum Renditechancen und letztere verursacht zu hohe Absicherungskosten, sodass selbst bei der höheren Gewichtung riskanterer Anlagen die erzielbaren Renditen zu niedrig wären. Letztendlich geht es gerade im Niedrigzinsumfeld darum, vorhandene Risikoprämien zu vereinnahmen.
Gerade bei ausschüttungsorientierten Strategien für Anleger, die auf regelmäßige Erträge angewiesen sind, ist es mittlerweile elementar in Risikoanlagen investiert zu sein. Genügte es bis vor wenigen Jahren ausschließlich am Anleihemarkt zu investieren, um auskömmliche Zinserträge von 2-4% erhalten zu können, müssen nun andere Anlagen diese Erträge erwirtschaften, da Anleihen auf dem erreichten Renditeniveau kaum noch dazu beitragen können. Für ausschüttungsorientierte Anleger, die eine jährliche Ausschüttung ordentlicher Erträge wünschen, können Dividendeneinkünfte aus Aktien eine solche Ertragsquelle darstellen, wofür jedoch eine erhöhte Risikotragfähigkeit in Kauf genommen werden muss.
Anleiherenditen, könnten nun aber ihren Tiefpunkt gesehen haben. Das verschlimmert die Situation jedoch für viele Jahre, bevor es besser wird. Bei steigender Inflation sind Aktien und Staatsanleihen tendenziell positiv anstatt negativ korreliert, wodurch Staatspapiere noch unattraktiver werden als zuvor. Das Umfeld spricht längerfristig für reale Anlagen und dies sind eher Rohstoffe und vernünftig bewertete Aktien als Anleihen. Zyklische Unternehmen und Unternehmen mit Preissetzungsmacht sollten sich im Umfeld höherer Inflation besser entwickeln. Zur Diversifikation setzen wir zum einen auf Rohstoffe, auch jenseits von Gold. Zum anderen steuern wir die Asset-Allokation aktiv und setzen in Strategien, in denen es erlaubt ist, auch taktisch auf Absicherungen mittels Futures und Optionen sowie auf Volatilität und andere liquide Alternative Investments als zusätzliche Ertragsquelle bzw. als Teilersatz für das klassische Rentenportfolio. Wo ein Ausweichen in andere Anlageklassen jedoch nicht möglich ist, ersetzen wir klassische langlaufende Staatsanleihen mit Anleihesegmenten, die ein attraktiveres Chance-/Risikoprofil aufweisen und weniger von der Entwicklung der Staatsanleiherenditen abhängen.
Mit Blick auf unsere Anlageentscheidungen verfolgen wir einen strukturierten und fundierten, jedoch diskretionären und damit nicht-systematischen oder regelgebundenen Ansatz. Die strukturierte, nüchterne Verfolgung von volkswirtschaftlichen, fundamentalen und technischen Faktoren sowie des Marktsentiments und ergänzende Positionierungsanalysen sind wichtige Bestandteile eines diskretionären Investmentprozesses. Im Gegensatz zu rein quantitativen Ansätzen determinieren diese Faktoren jedoch nur indirekt das Portfolio – nach Abwägen der unterschiedlichen Informationen werden Investmententscheidungen diskretionär getroffen. Modelle spielen bei der strukturierten Verarbeitung der Fülle der zu verarbeitenden Informationen eine wichtige Rolle. Sie generieren Ideen und unterstützen Entscheidungen. Die Entscheidungen werden jedoch von erfahrenen Portfoliomanagern getroffen und nicht von den Modellen selbst.
Die stete Zunahme verfügbarer Daten und immer leistungsfähigere Analyseprogramme verleiten aus unserer Sicht aber dazu, diese schnell und ohne genaue Reflexion zu verwenden. Dabei muss die Analyse immer mit einer Theorie über die ökonomischen Beziehungen starten, ansonsten ist man schnell beim sogenannten „Data-Mining“. Dabei werden beliebige Modelle auf die Daten angewendet bis man vermeintlich Beziehungen identifiziert hat. Eine beobachtete Korrelation bedeutet dann aber nicht notwendigerweise eine kausale Beziehung. Dann kann auch nicht erwartet werden, dass sich die Vergangenheit wiederholt. Zudem erkennen systematische, regelbasierte Ansätze veränderte Marktstrukturen tendenziell sehr spät - ein großes Manko angesichts des sich in den letzten Jahren deutlich veränderten Marktverhaltens (siehe Frage 2). Deshalb sind wir in unseren Strategien auch beim Einsatz von Drittfonds skeptisch, die voll automatisiert investieren, zumal solche Strategien häufig einer Black Box ähneln und kaum nachvollziehbar sind.
Trotzdem hat an den Märkten die Bedeutung systematischer Strategien und zudem passiver Anlagen zugenommen. Anstatt sich so wie diese zu verhalten, versuchen wir von deren Verhalten zu profitieren. Das oft vorhersehbare Agieren von systematischen und regelgebundenen Ansätzen dient uns als ein Indikator für unsere diskretionären Entscheidungen. Gerade in Krisenzeiten kann das Wissen über das Agieren dieser Marktakteure sehr vorteilhaft sein.
Abseits von Anlageentscheidungen spielen Modelle beim Monitoring der Portfoliorisiken und dem Risikomanagement eine wesentliche Rolle (siehe Frage 10).
Zu unserer Multi-Asset-Philosophie gehört der Anspruch, über alle liquiden Anlageklassen, Regionen und Investmentinstrumente hinweg die chancenreichsten Investments zu identifizieren. Da wir nicht in jedem dieser von uns als attraktiv eingeschätzten Märkte Experten in der Selektion der geeigneten Anlagen sein können, bietet sich in diesen Fällen der Einsatz von Fonds an. Grundsätzlich gilt es dann zunächst abzuwägen, ob eine Investition mit einem aktiven oder einem passiven Fonds (ETF) die größten Chancen verspricht.
ETFs eignen sich aufgrund ihrer niedrigen Kosten und ihrer flexiblen Handelbarkeit gut zur Steuerung von Investitionsquoten und Anpassungen der eher kurzfristigen taktischen Positionierung. Gerade für taktische Ideen können ETFs eine gute Wahl sein: Während sich viele aktive Manager auf qualitativ hochwertige Unternehmen konzentrieren, werden sprunghafte Indexanstiege oftmals durch breiten Optimismus angetrieben, von dem insbesondere Unternehmen schwächerer Qualität profitieren, die meist nur in ETFs eine stärkere Rolle spielen. Zudem ist ein Einsatz in sehr effizienten Märkten, wie z.B. dem breiten US-Aktienmarkt, sinnvoll, weil dort langfristig kaum ein aktiver Manager einen Mehrwert liefern kann. Da das ETF-Universum sehr breit ist und stetig wächst, kann mit der taktisch richtigen Mischung von ETFs auch ein Mehrwert gegenüber der Benchmark erzielt werden.
In weniger effizienten und weniger liquiden Märkten, die meist nur von wenigen Analysten oder Investoren beobachtet werden, oder in Märkten mit strukturellen Herausforderungen wie dem europäischen Aktienmarkt ist oftmals der Einsatz von Einzeltiteln oder eines aktiven Fonds vielversprechender. In diesen Märkten können die Fondsmanager die Vorteile von Erfahrung, Markt- bzw. Unternehmenszugang, Spezialistenwissen und eigenem Research bestmöglich nutzen und eine nachhaltige Mehrrendite gegenüber einer Marktbenchmark erzielen. Neben chinesischen Anleihen ist ein weiteres Beispiel für einen dieser Märkte das Aktiensegment der kleinen und mittelgroßen Unternehmen (Small- und Mid-Caps). Neben der oftmals geringen Liquidität der Aktien der Unternehmen kommen vielfach noch höhere Einzeltitelrisiken hinzu, sodass sich ein diversifiziertes Fondsinvestment für diesen Markt besser eignet als die Auswahl einer geringen Zahl von Einzeltiteln. Häufig verfügen diese illiquideren und weniger effizienten Märkte auch über vorteilhafte Korrelationseigenschaften zum übrigen Portfolio, da in diesen Märkten zumeist andere Investoren als in den großen, etablierten Märkten aktiv sind.
Ein Sonderfaktor, der für einen Fondseinsatz spricht, kommt im Anleihemarkt hinzu. Da viele Anleihen nur noch ab einer Mindeststückelung von 100.000 Euro erwerbbar sind, bietet sich hier die Nutzung von aktiven Fonds oder ETFs zur diversifizierten Investition gerade bei kleineren Vermögen an.
In unserem Auswahlprozess berücksichtigen wir sowohl externe als auch interne Fonds als potenzielle Investments und beurteilen diese nach gleichen Kriterien. Folglich müssen Berenberg-Fonds wettbewerbsfähig sein, um in unseren Multi-Asset Strategien eingesetzt zu werden. Die meisten Berenberg-Fonds schlagen sich im Wettbewerbsvergleich außerordentlich gut. Kommen hauseigene Fonds zum Einsatz, profitieren wir neben dem intensiven internen Informationsaustausch zusätzlich von niedrigeren Kosten dank besonderer Tranchen ohne Managementvergütung. Diesen Vorteil muss ein Wettbewerbsprodukt durch bessere Performance zunächst einmal ausgleichen.
Alternative Anlagen sind neben Aktien und Anleihen ein wichtiger Baustein des Portfolios. Deren Relevanz hat im Zuge des gegenwärtigen Niedrigzinsumfelds sogar zugenommen, da Alternative Anlagen Eigenschaften aufweisen können, die bisher typischerweise mit Anleiheinvestments verbunden waren. Infolge des Niedrigzinsumfelds können Anleihen diese Charakteristika nur noch teilweise erfüllen.
Im Bereich der Alternativen Anlagen konzentrieren wir uns ausschließlich auf liquide Investments. Diese umfassen Rohstoffe, wobei wir hier nicht nur in Gold, sondern auch in andere Edelmetalle, Industriemetalle und Energierohstoffe investieren, sowie andere liquide alternative Anlagestrategien. Diese haben ihre Wurzeln im Hedgefonds-Bereich und verfolgen unterschiedliche Strategieansätze, wie z.B. marktneutrale Long-/Short-Strategien im Aktien- sowie Credit-Bereich, Event-Driven- sowie Volatilitätsstrategien.
Alternative Anlagen können somit einerseits als zusätzliche Ertragsquelle relativ unkorreliert zu den klassischen Aktien- und Anleihemärkten zur Verstetigung der Wertentwicklung des Gesamtportfolios beitragen und gerade in Zeiten niedriger Anleiherenditen eine Alternative zu diesen darstellen. Andererseits können wir mit Rohstoffanlagen auch unsere Marktmeinung abbilden. Gerade ein wirtschaftlicher Aufschwung ist mit Energierohstoffen und Industriemetallen relativ unmittelbar abbildbar. Gold fungiert im Gegensatz dazu in der Regel als Hedge-Position im Portfolio. Als sicherer Hafen und klassischer Inflationsschutz kann Gold in verschiedenen Szenarien mit seinen spezifischen Korrelationseigenschaften für einen Ausgleich im Portfolio sorgen und damit insgesamt die Wertentwicklung stabilisieren. Es steht damit stellvertretend für den Einsatz von Alternativen Anlagen als Portfolioabsicherung, die z.B. auch mit dem Einsatz von Volatilitätsinvestments erreicht werden kann.
Insbesondere in defensiven Mandaten können liquide alternative Strategien, die vergleichbare Eigenschaften wie klassische Anleihen – ein moderates aber verlässliches Renditepotenzial bei überschaubaren Schwankungen – aufweisen, eine Alternative für einen Teil der Allokation in Anleihen sein. Konservative und verlässliche Alternative Strategien wie z.B. marktneutrale Long-/Short-Strategien, defensive Event- Driven- oder auch Convertible-Arbitrage-Strategien können eine zusätzliche Ertragsquelle und möglicherweise eine attraktivere Portfoliobeimischung im Vergleich zu Anleihen darstellen. Die geringe Korrelation zum übrigen Portfolio verbessert zudem die Risiko-Rendite-Eigenschaften des Portfolios – gerade in Zeiten, in denen Anleihen selbst anfälliger für kräftigere Schwankungen als in der Vergangenheit sind.
Sonderthemen in Form spezieller Segmente spielen insbesondere bei Anleihen eine Rolle: Im Vergleich zu traditionellen europäischen Staatsanleihen oder Pfandbriefen weisen Katastrophen-, chinesische oder Frontier-Markets-Anleihen ein überdurchschnittliches Chance-Risikoprofil auf. Bei Aktien spielen Themeninvestments indirekt eine gewisse Rolle. Der Fokus auf strukturelles Wachstum bei der Einzeltitelauswahl sorgt für ein Portfolio aus Aktien, die mittel- und langfristig von attraktiven Branchentrends oder unternehmensspezifischen Trends profitieren. Ein wachsender Endmarkt allein genügt jedoch nicht – wir investieren in führende Unternehmen in ihren jeweiligen Bereichen, die in der Lage sind, hohe Marktanteile zu gewinnen oder in einigen Fällen durch Innovationen und Entwicklungen im Alleingang sogar neue Märkte schaffen. Auch wenn wir nicht unmittelbar in Themen-ETFs investieren, bevorzugen wir durch unseren Investmentansatz Unternehmen, deren Attraktivität eng mit den Megatrends Digitalisierung, demografischer und gesellschaftlicher Wandel sowie Green Revolution verknüpft ist. Ansonsten spielen Themeninvestments eine explizite Rolle in unserem flexiblen, opportunistischen Multi-Asset-Fonds.
Mit der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit für Anleger ist der Druck auf Vermögensverwalter, die Integration von Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungs-Faktoren in ihrem Anlageprozess aufzunehmen, enorm gestiegen. Wir begrüßen diesen Wandel und haben Nachhaltigkeit auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen ESG-Elementen in unseren Anlagestrategien integriert. Für uns ist das nicht vollkommen neu. Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt managen wir Strategien mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten für Kirchen und Stiftungen.
Rein auf Ausschlusskriterien zu setzen oder diese allein starr mit ESG-Ratings in einem „Best-in-Class“-Ansatz zu verknüpfen, wobei lediglich das vermeintlich nachhaltigste Investment innerhalb eines Sektors bei relativer Betrachtung ausgewählt wird, ist aus unserer Sicht zu kurz gedacht und nicht mehr zeitgemäß. Echtes nachhaltiges Investieren sollte zudem die Wirkung der Anlage berücksichtigen und tiefer gehen. So führen unsere Portfoliomanager in Zusammenarbeit mit unserem ESG-Office einen aktiven Dialog direkt mit den Unternehmen und Emittenten, um positive Veränderungen zu bewirken. Wir sind überzeugt, dass ESG-Faktoren in tiefgehenden Analysen integriert werden müssen, um Risiko und Rendite adäquat beurteilen zu können.
Neben der intrinsischen Motivation für nachhaltiges Investieren spielen auch finanzielle Aspekte eine nicht unwesentliche Rolle: Unternehmen, die heutzutage ökologische, soziale oder Governance-Faktoren bei ihrer Geschäftstätigkeit vernachlässigen oder sogar bewusst außen vor lassen, setzen sich Reputations- und daraus resultierenden wirtschaftlichen Risiken aus. Die Berücksichtigung von ESG-Faktoren trägt positiv zur risiko-adjustierten Wertentwicklung eines Portfolios bei, indem es die Portfolioqualität verbessert und ESG-spezifische Risiken reduziert.
Aktien und Anleihen von Unternehmen, die unsere ESG-Mindeststandards nicht erfüllen, schließen wir grundsätzlich aus. Das Gleiche gilt für Staatsanleihen bei entsprechenden ESG-Kriterien für die Länder. Im Rahmen unserer Titelselektion sind E-, S- und G-Kriterien tief in den fundamentalen Selektionsprozess integriert und mit unserem aktiven Dialog mit den investierten Unternehmen und Emittenten nehmen wir Einfluss mit dem Ziel, eine positive Wirkung zu erreichen.
Bei der Auswahl von aktiven Fonds beurteilen wir anders als bei einem klassischen ESG-Rating nicht nur die im Portfolio enthaltenen Wertpapiere, sondern untersuchen darüber hinaus die Ausrichtung des Produktanbieters hinsichtlich Nachhaltigkeit, durchleuchten den kompletten Anlageprozess und prüfen die Qualität des Nachhaltigkeitsreportings. Damit wollen wir nicht nur einen positiven ökologischen und sozialen Beitrag unterstützen, sondern auch ESG-Risiken auf der Anlageebene frühzeitig erkennen und eliminieren.
Im Gegensatz zu Aktien und Anleihen liegt der Anlageklasse Rohstoffe kein Unternehmen, Staat oder sonstige Organisation zu Grunde, sodass seitens des Anleger kein aktiver Einfluss genommen werden kann. Dennoch spielen Rohstoffe in unseren Multi-Asset-Strategien eine wichtige Rolle. Investitionen in Agrarrohstoffe schließen wir aufgrund von Überlegungen zur Preisspekulation mit Nahrungsmitteln grundsätzlich aus, jedoch sind nach unserer Auffassung andere Rohstoffe investierbar und nicht per se ESG-schädlich. Insbesondere Industriemetallen kommt im Hinblick auf die Wende hin zu erneuerbaren Energien sogar eine Schlüsselrolle zu, wenn es um die Themen Klimaschonung, regenerative Stromerzeugung und E-Mobilität geht.
Risikokontrolle und -management ist ein klarer Fokus unserer Strategien. Wie der Name schon sagt, geht es uns dabei aber um die Kontrolle und das Management der Risiken, nicht um die Risikovermeidung. Unser Risikomanagement fängt bei der Portfolio-Konstruktion an. Hier spielen die Wechselwirkungen der verschiedenen Investments untereinander eine wesentliche Rolle. Wir beobachten kontinuierlich unsere Holdings und schauen uns Korrelationen sowie verschiedene Risikoparameter wie beispielsweise den Conditional Value at Risk (CVaR) auf Portfolio- und Einzeltitelebene an. Weisen Investments zu hohe Risikobeiträge auf, werden deren Gewichtungen in der Regel reduziert. Risikomanagement bedeutet für uns aber nicht grundsätzlich, dass Engagements, nur weil sie an Wert verlieren, abgebaut werden. Entscheidend ist immer unsere Überzeugung hinsichtlich des Investments. Ändert sich diese nicht, kaufen wir möglicherweise eher nach als fallende Engagements undifferenziert zu liquidieren. Viele Risikokennzahlen setzen allerdings funktionierende Märkte voraus, insbesondere in Krisenphasen geben diese Kennzahlen häufig ein unzureichendes Bild des Portfoliorisikos wieder. Daher spielen auch Stresstests und Szenarioanalysen eine wichtige Rolle in unserem Risikomanagement.
Das Portfoliorisiko muss zu unsere Marktmeinung passen und die Portfoliosensitivitäten zu unserer Einschätzung der wichtigsten Risikofaktoren an den Kapitalmärkten. Zentral ist dabei eine kontinuierliche Beobachtung des Portfoliorisikos. Es geht darum zu verstehen, wie sich ein Portfolio in bestimmten Marktphasen verhalten könnte, um darauf dann zu reagieren. Dazu schauen wir uns bestimmte Risikoparameter an. Vereinfacht gesagt: Wie reagiert, basierend auf historischen Daten das Portfolio, wenn europäische Aktien um 1% fallen? Oder wenn die Zinsen steigen? So können wir gut abschätzen, welchen Risiken unsere Portfolios ausgesetzt sind, und den Risikobeitrag einzelner Positionen im Verhältnis zum Gesamtportfolio-Risiko abschätzen, um zu große Einzelrisiken zu vermeiden. Ziel ist es, die Risiken mittels einer geschickten Auswahl von Investmentbausteinen bei entsprechender Rendite zu minimieren. Klar ist aber auch, dass wir die Risiken nicht alle eliminieren können und wollen, da es ohne Risiko keine Rendite gibt.
Mittels verschiedener Positionierungs- und Sentimentanalysen versuchen wir zudem kontinuierlich abzuleiten, wie anfällig die Kapitalmärkte für eine Korrektur sind bzw. wann eine Korrektur gegebenenfalls vorbei ist. Wir steuern somit auch das Portfoliorisiko durch unsere aktiven Allokationsentscheidungen. Riskantere, taktische Ideen monetarisieren wir in der Regel zügig. Sind wir optimistisch und die Risikoprämien an den Märkten attraktiv, macht ein überdurchschnittliches Risiko im Portfolio Sinn.
Insgesamt besteht unser Risikomanagement aus drei Säulen: der Portfoliokonstruktion, der Quotensteuerung der verschiedenen Anlageklassen sowie der Beimischung von taktischen Investments zur Reduzierung der Portfoliovolatilität. Zum letzten Punkt gehört beispielsweise, dass wir gegebenenfalls sichere Staatsanleihen als Absicherung opportunistisch beimischen, obwohl wir diese aufgrund der niedrigen Zinsen langfristig unattraktiv finden. Da wir langfristig auf der Aktienseite vor allem in wachstumsstarke Qualitätsunternehmen investiert sind, gehört zu einem agilen Risikomanagement im Multi-Asset-Bereich auch dazu, dass man solch einen starken Portfolio-Bias hin und wieder ausbalanciert – gerade in Marktphasen, in denen dieser Investmentstil zu schwächeln droht. Je nach Strategie oder Mandatstyp können die Quotensteuerung wie auch die taktischen Positionierungen auch über Derivate erfolgen.